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Reine Männerrunde: SRF schliesst Frauen von EU-Diskussion aus – Was lief da schief?

Das Verhältnis zwischen Bern und Brüssel gibt viel zu reden. Doch nicht alle Meinungen dazu sind bei SRF gefragt: Am Dienstagabend diskutierte eine reine Männerrunde über die laufenden Verhandlungen mit der EU. Frauen waren im «Club» keine eingeladen.

«Alles, was Menschen bewegt, kann im ‹Club› diskutiert werden.» So beschreibt SRF im Internet seine dienstägliche Diskussionssendung. Und weiter heisst es: «Eingeladen werden Gäste mit pointierten Standpunkten und einschlägigen Erfahrungen.»

Thema im aktuellen «Club» unter der Leitungs von Peter Düggeli: Die Wiederbelebung des verkorksten Verhältnis zwischen der Schweiz und der EU nach dem einseitigen Abbruch der letzten Verhandlungen über eine Weiterentwicklung der bilateralen Zusammenarbeit. So weit, so normal.

Doch das waren Peter Düggelis Gäste am Dienstagabend:

MavrosMichalis, EU-Botschafter in der Schweiz

Eric Nussbaumer, Nationalratspräsident (SP/BL)

Christoph Mäder, Präsident Economiesuisse

Thomas Aeschi, Fraktionschef SVP (ZG)

Urs Wietlisbach, Mitinitiant Kompass Europa

Lukas Golder, Co-Direktor gfs.bern

Grosse Abwesende in der Diskussionsrunde? Alle Frauen. Selbst Moderatorin und «Club»-Host Barbara Lüthi stand diesmal abseits.

Entsprechend hohe Wellen wirft der «Club» in den Sozialen Medien. So fragt etwa Grünen-Fraktionschefin Aline Trede rhetorisch auf X: «Eine reine Männerrunde zur aktuellen EU-Frage, euer Ernst SRF!»

Doch geht es dabei nicht nur um die allgemeine Frauen-Frage, sondern konkret um das Selbstverständnis von SRF. Und dieses ist – zumindest in offiziellen Verlautbarungen – ein anderes. Zum Beispiel, wenn es nach den publizistischen Leitlinien des Medienunternehmens geht.

«Wir transportieren keine Klischees»

Laut Konzession hat die SRG und damit auch SRF nämlich den Auftrag, «die Gesellschaft in der Schweiz in ihrer ganzen Diversität hör- und sichtbar» zu machen. Dazu steht in den publizistischen Leitlinien von SRF: «Dazu gehören die Vielfalt an Themen, Perspektiven und Erfahrungen ebenso wie die Diversität derer, die zu Wort kommen – ob hinsichtlich Geschlecht, Herkunft, Ethnie, Alter, sexueller Orientierung, Behinderungserfahrung oder religiöser Zugehörigkeit.»

Und weiter heisst es in der Benimm-Bibel von SRF: «Wir transportieren keine Klischees, vermeiden diskriminierende Zuschreibungen, reagieren sensibel auf gesellschaftliche Entwicklungen und berichten in einer diskriminierungsfreien und geschlechterneutralen (Bild-)Sprache.» Fazit: «Diversität ist somit ein journalistisches Qualitätskriterium, das auf dem Vielfaltsgebot basiert.»

Doch offensichtlich gilt das nicht für den «Club». Denn zum Thema Schweiz-EU gäbe es durchaus auch Frauen, die mitdiskutieren können. Es muss ja nicht zwingend Aline Trede sein, wenn SRF die Grünen-Fraktionspräsidentin nicht am Tisch haben will. Warum auch immer.

Nachhilfe für SRF: Das wären mögliche Frauennamen

Auch GLP-Ständerätin Tiana Moser (ZH) könnte als Parlamentarierin beispielsweise locker mithalten in der Diskussionsrunde. Oder Economiesuisse-Direktorin Monika Rühl statt ihrem Präsidenten. Oder Nationalrätin Magdalena Martullo Blocher statt SVP-Fraktionschef Aeschi. Selbst Cloé Jans wäre eine würdige Frauen-Vertretung für gfs.bern-Co-Chef Golder.

Wie SRF die reine Männerwahl im gestrigen «Club» begründet? Dazu hat das Unternehmen bislang nicht Stellung genommen. Eine Anfrage dazu ist hängig.