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Neue Forderung: Schweiz soll für EU-Staaten Steuern eintreiben – Bürgerliche reagieren empört

Brüssel fordert die Schweiz auf, für EU-Länder Steuern einzutreiben. Das kommt bei bürgerlichen Politikern nicht gut an. Diese ärgern sich auch über das Vorgehen der EU: Von «Erpressung» ist die Rede.

Neues Ungemach aus Brüssel rollt an, und das mitten im Schlussspurt der Verhandlungen über ein neues bilaterales Paket. Bis Ende Jahr will die EU eine Einigung erzielen. Nun kocht ein neuer Streit in einem anderen Dossier hoch: Es geht dabei um Verhandlungen über eine Revision des automatischen Informationsaustauschs (AIA). Eigentlich eine technische Angelegenheit.

Doch Brüssel hat eine neue Forderung eingebracht, wie die «NZZ am Sonntag» berichtet. «Die EU hat die Schweiz diesen Sommer informiert, dass ihr Mandat, anders als jenes der Schweiz, über die Revision des AIA hinausgehe», zitiert die Zeitung aus einem vertraulichen Konsultationspapier des Finanz- und Aussendepartements ans Parlament. Das Mandat sei durch den EU-Rat erweitert worden.

Brüssel fordere nun, dass mit der Schweiz auch die «Amtshilfe für die Vollstreckung ausländischer Steuerforderungen» vereinbart wird: Schweizer Behörden sollen bei ansässigen EU-Bürgern Steuerforderungen ihres Heimatstaates einziehen. Innerhalb der EU gilt dieses Prinzip bereits.

Die Schweiz hat sich bislang dagegen gewehrt. Nun kommt der Bundesrat offenbar vom kategorischen Widerstand ab: Er wolle versuchen, die neue Regelung «eng einzugrenzen», sodass sie nur selten zur Anwendung käme, berichtet die «NZZ am Sonntag». Das Eidgenössische Finanzdepartement nimmt keine Stellung zum Thema.

Kritik an Vorgehen der EU

Bei bürgerlichen Politikern stösst die Forderung der EU auf Widerstand. «Wir müssten fremdes Recht umsetzen. Das ist für mich völlig inakzeptabel», sagt SVP-Nationalrat Franz Grüter der Zeitung. FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen spricht von einer Grenzüberschreitung: «Wir werden so zum verlängerten Arm ausländischer Steuerbehörden.»

Für Ärger sorgt dabei nicht nur die Forderung an sich, sondern auch das Vorgehen der EU: Dass sie die Revision des Abkommens nutzt, um diese aufzubringen – und dass sie offenbar mit Konsequenzen droht. Wie die «NZZ am Sonntag» schreibt, will die EU eine für die Schweiz wichtige Regelung im AIA-Abkommen kappen, falls Bern nicht einlenkt. Dadurch drohten der Wirtschaft «negative Steuereffekte in dreistelliger Millionenhöhe».

Es sei unsäglich, wie die EU sachfremde Themen miteinander vermische, wird Mitte-Ständerat Benedikt Würth zitiert. SVP-Nationalrat Grüter spricht gar von «Erpressung». Auch Mitte-Fraktionschef Philipp Bregy kritisierte auf X sowohl die Forderung als auch das Vorgehen der EU. «Unverständlich!», kommentierte er.

Ganz anders sieht die SP die Sache. SP-Co-Präsident Cédric Wermuth sagt der «NZZ am Sonntag», es sei «absolut richtig, dass wir anderen Ländern bei der Bekämpfung der Steuerflucht helfen». Aus seiner Sicht hätten die Verhandlungen über das AIA-Abkommen in die Gespräche über den neuen EU-Vertrag integriert werden sollen: «Wir hätten mehr herausholen können, wenn es Teil des Gesamtpakets wäre.»

Genau für diese Verhandlungen kommt der neue Streit zu einer heiklen Zeit: Er verärgert womöglich Mitte- und FDP-Politiker – und liefert der SVP Munition für ihren Widerstand gegen ein neues Abkommen.

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