Beim Eigenmietwert ist ein Kompromiss in Griffweite – es droht aber eine Abfuhr bei einer Volksabstimmung
Die Extrawurst scheint gegessen. Der Ständerat will beim Eigenmietwert auf die Variante des Nationalrats schwenken, wie die zuständige Kommission am Dienstag mitteilt. Das bedeutet, dass die ungeliebte Steuer sowohl bei den Erst- wie Zweitwohnungen abgeschafft werden soll. Dagegen wehren sich die Tourismuskantone mit einem hohen Anteil an Ferienwohnungen, da sie happige Steuerausfälle fürchten. Bisher hatte die kleine Kammer stets darauf bestanden, den Bergkantonen eine Extrawurst zu servieren und bei Zweitwohnungen weiterhin einen Eigenmietwert zu erheben.
Dagegen gab es verfassungsrechtliche Bedenken. Um den Widerstand der Tourismuskantone zu brechen, hat die Wirtschaftskommission des Nationalrats eine eigene Vorlage gebastelt. Mit dieser soll die Rechtsgrundlage geschaffen werden, damit die Kantone auf Zweitliegenschaften eine Objektsteuer erheben können. So sollen die Einnahmeausfälle kompensiert werden können. Nur: In der Vernehmlassung hatten sich die besonders betroffenen Kantone dagegen ausgesprochen: Sie bevorzugen immer noch das aktuelle System mit dem Eigenmietwert.
Die Abzüge werden deutlich weniger
Der Ständerat macht überraschenderweise nicht nur einen, sondern gleich zwei Schritte auf den Nationalrat zu. Auch in der Frage des Schuldzinsabzugs bevorzugt eine knappe Mehrheit der Wirtschaftskommission des Ständerats nun das quotal-restriktive Modell. Dabei sind die Schuldzinsen ausgehend von der Quote aus Immobilienvermögen, ohne das selbst genutzte Wohneigentum, am Gesamtvermögen abzugsfähig.
Das ist ein kompliziertes System. Damit werden die möglichen Abzüge im Gegensatz zu heute stark begrenzt. Und auch an gewisse Bedingungen gekoppelt. Konkret fallen etwa die Abzüge für Personen oder Familien, die ausschliesslich über selbst bewohnte Immobilien verfügen, komplett weg. Also die klassischen Eigenheimbesitzer, die keine zusätzlichen Wohnungen vermieten, können künftig keine Abzüge mehr machen.
Damit geht der Vorschlag deutlich weniger weit, als es der Ständerat bisher wollte. Dieser hatte in den vergangenen Verhandlungen darauf beharrt, dass weiterhin 70 Prozent der Schuldzinsen abzugsfähig bleiben. Diese «Fünfer und Weggli»-Lösung löste allerdings in linken Kreisen heftigen Widerstand aus. Wäre die Steuer gefallen und die Abzüge in einem hohem Umfang geblieben, das Referendum wäre der Vorlage sicher gewesen.
Der Hauseigentümerverband will weiter gehen
Der nun gezimmerte Kompromissvorschlag hat sogar den Segen von Jaqueline Badran. Die SP-Nationalrätin hatte in der Debatte ausgeführt, dass auch die linke Ratsseite der Vorlage so zustimmen könnte. Aber nur, wenn es keine weitergehenden Abzüge gebe. Und diese sind immer noch nicht vom Tisch. Auch im Ständerat wird erneut die 70-Prozent-Variante verhandelt. Eine Minderheit der Kommission will daran festhalten.
Dabei hat sie den Support vom Hauseigentümerverband (HEV). Das nun ausgedachte quotal-restriktive Modell sei «administrativ äusserst aufwendig und läuft der angestrebten administrativen Vereinfachung des Steuersystems zuwider», heisst es in einer HEV-Mitteilung. Auch sei die Lösung «hochkompliziert». Was das aufzeigt: Den Bürgerlichen geht die jetzige Lösungen eigentlich zu wenig weit.
Das Stimmvolk wird sowieso befragt
Könnten mehr Abzüge geltend gemacht werden, erhöht sich der Kassenzettel für die Abschaffung des Eigenmietwerts aber deutlich. Bei einem Zinsniveau von 1,5 Prozent betragen die Einnahmeausfälle für Bund, Kantone und Gemeinde bei der nun vorgeschlagenen Variante auf 1,67 Milliarden Franken. Sollten die Schuldzinsen zu 70 Prozent abgezogen werden, sind es bereits 2,3 Milliarden Franken.
Bereits zweimal scheiterte das Eigenmietwert-Aus an der Urne. Und mindestens eine Volksabstimmung ist der Vorlage schon jetzt sicher. Die Objektsteuer für Zweitliegenschaften kommt vors Volk, sofern auch der Ständerat diese beschliesst. Sollte sie scheitern, wird der Eigenmietwert auch nicht abgeschafft – so will es zumindest die Wirtschaftskommission des Ständerates.
Anders als bei einem allfälligen Referendum über den Eigenmietwert ist da zusätzlich auch das Ständemehr nötig. Ohne den Support der immer noch skeptischen Bergkantone könnte das eine knappe Sache werden. Bereits an der Wintersession soll die Vorlage fertig beraten und zur Schlussabstimmung gebracht werden.
Ein wortmächtiger Ständerat hat aber schon «einen Übungsabbruch» gefordert. Beat Rieder (Mitte/VS) sagte dem« Walliser Bote» er werde «den Vorschlag aus dem Nationalrat bekämpfen. Und für die Bergkantone einstehen.» Verdaut ist die Extrawurst also noch lange nicht.