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Eine halbe Milliarde mehr für die Armee:  Wo die bürgerliche Mehrheit das Geld herholen will

Die Armee soll nächstes Jahr 530 Millionen Franken mehr erhalten als geplant. Das hat die Finanzkommission des Nationalrats entschieden. Gespart werden soll bei Entwicklungszusammenarbeit und dem Personal – zum Ärger der Linken. Freuen dürfen sich die Bauern.

Das Problem treibt die Politik seit Monaten um. Status: Ungelöst. Die bürgerlichen Parteien möchten die Armeeausgaben stärker aufstocken als der Bundesrat – vier Milliarden Franken zusätzlich sollen es in den nächsten vier Jahren sein. Nur: Woher soll das Geld kommen, wo doch der Bund sparen muss? Lange wurden Ideen gewälzt und Deals versucht, bislang ohne Erfolg.

Bald gilt es ernst. Im Dezember muss das Parlament das Budget fürs nächste Jahr nageln. Die Finanzkommission des Nationalrats hat nun einen Vorschlag dafür ausgearbeitet – und zumindest für 2025 eine Lösung gefunden. Für die Jahre darauf bleibt es dabei: Problem ungelöst. Aber dazu später mehr.

Zuerst zu 2025. Geht es nach der Finanzkommission, soll die Armee im nächsten Jahr 530 Millionen Franken mehr erhalten als vom Bundesrat geplant. Um dafür im Budget Platz freizuschaufeln, setzt sie insbesondere bei der Entwicklungszusammenarbeit an: 250 Millionen Franken sollen dort gekürzt werden.

Hinzu kommen unter anderem Querschnittskürzungen beim Personal (70 Millionen Franken) und den externen Dienstleistungen (35 Millionen). Auch im Asylbereich soll gespart werden (105 Millionen), wobei dort der Löwenanteil auf die bereits angekündigte Schliessung von Bundesasylzentren entfällt, wie Kommissionspräsidentin Sarah Wyss (SP) sagte.

Insbesondere die Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit sind stark umstritten. Denn aus diesem Topf muss in den nächsten vier Jahren auch die Ukraine-Hilfe finanziert werden; 1,5 Milliarden der insgesamt 11,3 Milliarden Franken sind dafür reserviert. Für den Rest der Welt bleibt daher ohnehin schon weniger Geld. Gespart werde auf dem Buckel der Ärmsten, kritisieren Hilfswerke.

Eine Kürzung in letzter Minute

Entsprechend harsch reagierten SP und Grüne. Sie wollen das Budget in dieser Form abzulehnen. «Mit den Kürzungen bei der internationalen Zusammenarbeit und den Personalkosten werden rote Linien überschritten», sagt SP-Nationalrätin Tamara Funiciello. «Das ist verantwortungslos.» Es gehe nicht an, der Armee so viel Geld zuzuschanzen, wenn diese gar nicht wisse, wie sie es sinnvoll investieren könne. Auch die GLP kritisierte die Entscheide.

Treten Mitte, FDP und SVP geeint auf, können sie im Parlament durchmarschieren. Sie haben in der Kommission wichtige Ziele erreicht: mehr Geld für die Armee, ein schuldenbremsenkonformes Budget, ohne jedwede Steuererhöhung. Obendrein schafften sie es, die Mittel für die Landwirtschaft gegenüber dem Vorschlag des Bundesrats um 46 Millionen aufzustocken.

Gewisse Abstriche mussten zwar auch die Bürgerlichen machen. Ursprünglich wollten sie die Armeeausgaben um 660 Millionen Franken erhöhen wollen. Doch am Ende der Beratungen am Dienstagabend blieb ein Loch von 117 Millionen Franken. Also einigte man sich auf 530 Millionen für die Armee. Von einem Kompromiss ist die Rede bei den Bürgerlichen.

Hält die bürgerliche Allianz?

Mitte, FDP und SVP sind jedenfalls zufrieden. «Uns war wichtig, dass wir die früheren Entscheide des Parlaments im Budget abbilden konnten, beispielsweise zur Armee und zur Bildung», sagt Mitte-Nationalrätin Yvonne Bürgin. «Es ist richtig, dass wir unsere Verteidigungsfähigkeit jetzt stärken.»

FDP-Nationalrat Peter Schilliger sagt: «Es gelang uns, ohne Mehreinnahmen und ohne zusätzliche ausserordentliche Verbuchung ein Budget zu erstellen, das schuldenbremsenkonform ist.» Natürlich hätte man gerne im nächsten Jahr bereits 660 Millionen Franken für die Armee gehabt. «Aber wir können mit dieser Lösung leben.»

Ähnlich äussert sich SVP-Nationalrat Lars Guggisberg. Unschön findet er, dass ein Teil der Ausgaben für die Ukraine-Flüchtlinge entgegen der Regel über die Schuldenbremse nach wie vor ausserordentlich verbucht wird. «Aber diese Kröte können wir schlucken.»

Offen ist, ob diese bürgerliche Allianz im Nationalrat Bestand hat – und was der Ständerat davon hält. Er hatte Kürzungen bei der internationalen Zusammenarbeit zunächst zugestimmt, dann aber wieder abgelehnt. Insbesondere die Mitte war umgeschwenkt. Was macht sie nun im Dezember?

Keine Lösung für die Folgejahre

Offen ist auch, wie es nach 2025 weitergeht. Die Finanzkommission hat bekräftigt, dass die Armeeausgaben schon bis 2030 auf 1 Prozent des Bruttoinlandproduktes steigen sollen und nicht erst bis 2035. Sie hat die entsprechenden Milliarden im Finanzplan eingestellt – allerdings ohne die Finanzierung zu klären. Dabei drohen dann ohnehin Defizite in Milliardenhöhe. Der Bundesrat ist deshalb daran, ein Milliarden-Sparpaket zu schnüren. Doch ob das reicht?

Skeptisch äusserte sich kürzlich Finanzministerin Karin Keller-Sutter. Auf die Frage, ob das 1-Prozent-Ziel bis 2030 bürgerliche Träumerei sei,sagte sie im Interview mit unserer Zeitung: «Der Bundesrat könnte kein solches Budget vorlegen.»Aber vielleicht kann das Parlament das ja besser, wer weiss.