Nach Strafbefehlen gegen zwei Journalistinnen: Krypto-Wunderkind zeigt SRF erneut an – wegen Medienmitteilung
Für Dadvan Yousuf war es ein Sieg. Die Zürcher Staatsanwaltschaft verurteilte zwei Journalistinnen kürzlich wegen übler Nachrede. Sie hatten in einem SRF-Beitrag den als «Kryptowunderkind» bekannt gewordenen kurdischen Flüchtling in Zusammenhang mit Terrorismus und Betrug gebracht. Mit Verweis auf eine anonyme Quelle hatten sie berichtet, Yousuf hätte Krypto-Geld an Adressen geschickt, die auf schwarzen Listen stünden. Die Staatsanwaltschaft stufte den Bericht als ehrverletzend ein.
Die SRF-Journalistinnen erhoben keine Einsprache gegen die Strafbefehle. Sie akzeptierten eine Verurteilung wegen übler Nachrede und damit bedingte Geldstrafen und Bussen.
Es geht um die Stellungnahme zu den Strafbefehlen
Nun hat Yousuf erneut Strafanzeige wegen «übler Nachrede» erstattet. Sie richtet sich gegen unbekannte Mitarbeiter des Schweizer Radio und Fernsehens (SRF). Gegenstand der Anzeige ist eine Medienmitteilung, in der sich das SRF hinter die verurteilten Journalistinnen stellte. Darin heisst, es unter anderem, das SRF verzichte auf Einsprachen gegen die Strafbefehle, um die eigene Quelle zu schützen. In der Stellungnahme verlinkte SRF zudem den Bericht, der zur Verurteilung wegen übler Nachrede geführt hatte. Er ist weiterhin auf der SRF-Website einsehbar.
Yousufs Anwalt bezeichnet in der Anzeige die SRF-Stellungnahme als «irreführend» und stellt das Quellenschutz-Argument als vorgeschoben dar. So hätten die Journalistinnen sich im Lauf des Verfahrens geweigert, «auch nur eine Kopie» des Dokuments einzureichen, auf welches sie sich in der Berichterstattung stützten. Und dies, obwohl nicht ersichtlich sei, warum dies den Quellenschutz verletzt hätte.
Das SRF hatte am Sonntagabend noch keine Kenntnis von der auf den 12. November datierten Anzeige und teilte mit: «Darum können wir uns aktuell dazu nicht äussern.»
Nun liegt die Sache bei der Zürcher Staatsanwaltschaft. Sie hatte das ursprüngliche Verfahren eingestellt, wurde dann aber vom Obergericht korrigiert.
Erkenntnisse zur Legitimität von Yousufs Geschäften dürften Untersuchungen der Berner Staatsanwaltschaft bringen. Sie ermittelt zurzeit unter anderem wegen des Verdachts auf gewerbsmässigen Betrug und Veruntreuung. Voraussichtlich Anfang des nächstes Jahren dürfte die Entscheidung fallen, ob Anklage erhoben oder das Verfahren eingestellt wird.