Sie sind hier: Home > Umfrage > Die reine Sparlehre findet in der Bevölkerung keine Mehrheit

Die reine Sparlehre findet in der Bevölkerung keine Mehrheit

Der Bundeshaushalt gerät in den nächsten Jahren in Schieflage: Ausgaben für Armee und AHV führen ab 2026 zu Milliardendefiziten. Bundesrat und Parlament wollen darum in anderen Bereichen sparen. Eine repräsentative Umfrage zeigt erstmals, dass die Bevölkerung nicht restlos überzeugt ist von diesem Vorgehen.

Sparen, sparen, sparen. Bundesrat und Parlament haben sich auf einen rigiden Sparkurs eingeschossen. Denn der Bundeshaushalt fährt ab 2027 strukturelle Defizite von drei bis vier Milliarden Franken ein. Gleichzeitig will das Parlament der Armee bis 2030 mehr Geld zuschanzen, um die Verteidigungsfähigkeit zu stärken. Bereits für das Budget 2025 muss das Parlament darum sparen.

Es naht die Stunde der Wahrheit. In der Dezembersession müssen National- und Ständerat festlegen, woher das fehlende Geld kommen soll. Der Streit ist programmiert.

Mitte, FDP und SVP waren sich innerhalb der nationalrätlichen Finanzkommission einig, dass sie vorabmit Sparmassnahmen in Bereichen wie der Entwicklungszusammenarbeit, dem Bundespersonal und dem Asylwesendas Budget 2025 ausgleichen wollen. Die Linke hält dagegen.

Unantastbare Schuldenbremse

Jetzt zeigt sich: Der Kurs der politischen Mehrheit wird von der Bevölkerung nur bedingt gestützt: 45 Prozent der Bevölkerung sprechen sich für den bundesrätlichen Vorschlag zur Sanierung des Bundeshaushalts aus, 48 Prozent lehnen ihn ab, darunter hauptsächlich Sympathisanten der SP, Grünen und der GLP. Das zeigt eine repräsentative Befragung des Forschungsinstituts Sotomo, das im neu entwickelten Finanzbarometer die Antworten von 3080 Personen aus allen Sprachregionen der Schweiz auswertete.

Insbesondere Frauen und Junge sehen das Sparprogramm des Bundes kritisch. Es ist aber auch eine Frage der Alternativen. Und hier zeigt sich, dass eine Mehrheit von 54 Prozent der Meinung ist, dass das Defizit mindestens zur Hälfte durch Mehreinnahmen gedeckt werden soll. Nur Sympathisanten von FDP und SVP wollen hauptsächlich oder ausschliesslich sparen. Keine Unterstützung findet die Idee, ausschliesslich auf Mehreinnahmen zu setzen. Am breitesten abgestützt mit 37 Prozent Zustimmung ist der gut schweizerische Kompromiss: etwas sparen und etwas Steuern erheben.

Es gäbe zwar eine dritte Option, die Schuldenbremse zu lockern. Doch diese fällt bei der Bevölkerung durch: 61 Prozent wollen am bewährten System festhalten, darunter finden sich auch viele Sympathisantinnen und Sympathisanten von SP und Grünen.

Die Finanztransaktionssteuer soll die Lücke füllen

Wird eine Sparmassnahme allerdings konkret, gibt es keine Mehrheiten mehr. Die Bevölkerung kann sich nicht entscheiden, wo der Bund sparen soll. Bei der Entwicklungshilfe orten die Befragten das grösste Sparpotenzial, 41 Prozent geben an, dort den Rotstift ansetzen zu wollen. Gefolgt von der Medienförderung (36 Prozent), der Armee (35 Prozent) und der Kultur (30 Prozent).

Wohingegen unbestritten ist, welche Bereiche von Sparmassnahmen verschont bleiben sollen. Zuvorderst stehen die Sozialwerke AHV und IV. 61 Prozent sind gegen Kürzungen in diesem Bereich. Auch bei der Bildung und Forschung sowie dem öffentlichen Verkehr ist die Mehrheit der Bevölkerung gegen Sparmassnahmen, gefolgt von Prämienverbilligungen und Kinderbetreuung.

Schliesslich bleibt die Frage, wie der Bund zu Mehreinnahmen kommen soll. Hier gibt es nur einen mehrheitsfähigen Weg: die Finanztransaktionssteuer mit 53 Prozent Zustimmung. Eine Vermögenssteuer ist vor allem bei Sympathisantinnen und Sympathisanten der SP, Grünen und GLP populär. Insgesamt stimmten ihr 38 Prozent der Befragten zu. Nicht einmal ein Drittel der Bevölkerung befürwortet Grundstückgewinnsteuern, Unternehmenssteuern, Erbschaftsteuer oder Mehrwertsteuer als neue Einnahmequelle für den Bund.

Eine Erhöhung der Einkommenssteuer fällt zudem komplett durch.