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Die Promis demontieren sich und Marcel Hirscher sagt: «So bin ich fehl am Platz hier»

Hirscher raus, Braathen raus, Feller raus. Der Franzose Clément Noël gewinnt souverän den Slalom von Gurgl. Zweiter wird der Schwede Kristoffer Jakobsen vor Atle Lie McGrath aus Norwegen. Bester Schweizer ist Loïc Meillard auf Platz fünf.

Er winkt nur. Doch für den ORF-Kommentator ist die Geste von Marcel Hirscher wie ein böser Vorbote. «Ist das seine Verabschiedung von der Disziplin?», fragt er besorgt. Dabei hatte der Reporter noch wenige Sekunden zuvor gesagt: «Das ist besser als in Levi.»

In Finnland tat es fast schon weh, Marcel Hirscher zuzuschauen. Er fuhr den Hang runter wie ein Niederländer, der erstmals Weltcup-Luft schnuppert. Aber sicher nicht wie ein Niederländer, der im Österreichischen Dress den Gesamtweltcup neunmal gewonnnen hat. Hirscher wirkte wie eine ganz schlechte Parodie seiner selbst. Die Qualifikation für den zweiten Lauf entpuppte sich als Utopie.

Hirscher geht hart mit sich selbst ins Gericht

Nun, so wahnsinnig gut sah es in Gurgl dann doch nicht aus, was der Altmeister nach fünf Jahren Wettkampfpause zelebrierte. Und nach knapp 20 Sekunden schied Hirscher aus, winkte ins Publikum und versetzte damit einige in Aufruhr. Hinterher sagte er: «So bin ich fehl am Platz hier. Und es macht nicht wirklich Spass. Das ist für mich eine neue Situation. Es passierte mir nur selten, dass ich so neben mir gestanden bin.»

Marcel Hirschers Gesichtsausdruck war auch schon zuversichtlicher.
Bild: Jean-Christophe Bott / KEYSTONE

Mit dieser Aussage dürfte der 35-Jährige die Nerven jener, die ihn wieder auf dem «Stockerl» sehen wollen, nicht beruhigt haben. Doch an eine Aufgabe im Slalom scheint er derzeit nicht zu denken. Die kommenden drei Wochen bis zum nächsten Slalom seien jetzt sehr wichtig. «Ich muss definitiv schauen, dass ich das wieder hinbekomme. Es ist nicht sehr angenehm, wenn man die Leistung nicht bringt», sagt Hirscher.

Der frühere Dominator ist nicht der einzige Promi, der in Gurgl auf der Strecke bleibt. Lucas Pinheiro Braathen, kurz vor Hirscher mit Nummer 29 ins Rennen gegangen, fädelt im ersten Lauf ein. Doch im Gegensatz zu Hirscher stellt man sich bei Braathen nicht die Frage, ob, sondern wann er wieder aufs Podest fährt.

Promi Nummer 3, der in Gurgl auf der Loser-Seite steht, bereitet den Österreichern indes ebenfalls etwas Sorgen. Manuel Feller, letzte Saison souveräner Gewinner der Slalom-Kugel und Anführer des österreichischen Dreifach-Triumph beim letztjährigen Gurgl-Slalom, fädelt im ersten Lauf ein. Damit fährt er in dieser Saison im dritten Rennen den dritten Nuller ein. Erstaunlich.

Aber der 32-Jährige ist nicht mehr der ungezähmte Rennhund von früher. Entsprechend selbstbewusst reagiert er auf Fragen nach seiner Resultatkrise. «Das ist alles Taktik. Selbstvertrauen hoch, Erwartungen niedrig halten. Das wird schon.»

Clément Noël lässt die Korken knallen. Der Franzose gewinnt in Gurgl den zweiten Slalom in Serie.
Bild: Anna Szilagyi / EPA

Feller raus, Braathen raus, Linus Strasser (2. in der letztjährigen Slalomwertung) raus, Marco Schwarz nicht am Start. Da sind gerade ziemlich viele Favoriten unpässlich. Was aber nicht die Leistung von Clément Noël schmälern soll. Im ersten Lauf fährt er wie von einem anderen Stern. Im zweiten verwaltet der 27-jährige Franzose souverän und gewinnt vor dem Schweden Kristoffer Jacobsen und Atle Lie McGrath aus Norwegen.

Ist Noël jetzt der neue, alte Marcel Hirscher

Für Noël ist es nach Levi der zweite Slalom-Sieg in Serie. An einem solchen Punkt war er schon mal. Vor knapp sechs Jahren. Nachdem er damals in Adelboden Zweiter wurde und in der Folge die Slaloms von Wengen und Kitzbühel gewann, wurde er als «der neue Hirscher» gehandelt. Dieses Versprechen konnte er trotz Olympia-Gold 2022 bis heute nicht wirklich einlösen.

Dabei hat der Mann aus den Vogesen, der schon mit 15 sein Elternhaus verliess, um in den Alpen zum Stangenakrobaten zu reifen, alle technischen und körperlichen Voraussetzungen eines Seriensiegers. Doch Noël gesteht: «Der mentale Bereich war holprig. Ich musste letzten Sommer lernen, mir weniger Gedanken zu machen.» Offenbar funktioniert das.

Loïc Meillard hat das Schmerzmanagement im Griff. Trotz Bandscheibenbeschwerden fährt er in Gurgl auf Platz 5.
Bild: Anna Szilagyi / EPA

Wie bei Loïc Meillard auch das Ausschalten der Rückenschmerzen funktioniert. Die Beschwerden an der Bandscheibe liessen unter der Woche nur zwei Trainingsläufe zu. Trotzdem gelang ihm in Gurgl ein beachtlicher Steigerungslauf. Meillard verbesserte sich im zweiten Lauf vom 14. auf den 5. Rang. Daniel Yule konnte von einem «Schritt in die richtige Richtung» sprechen, nachdem er von Platz 21 auf 14 vorpreschte. Anders Tanguy Nef, der Überraschungsmann von Levi (Platz 5). Nach einem verkorksten zweiten Lauf landete er auf Position 22.

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