Sie sind hier: Home > Energie > Günstig und flexibel: AEW produziert jetzt Solarstrom auf der Wiese

Günstig und flexibel: AEW produziert jetzt Solarstrom auf der Wiese

Die grösste Energieversorgerin des Kantons hat neben ihrer neuen Schaltanlage in Spreitenbach die erste Freiflächen-Solaranlage in Betrieb genommen. Auf Kantonsgebäuden schreitet der Solarausbau dagegen deutlich langsamer voran.

Die Konstruktion ist simpel: Stahlstützen stecken in gleichmässigen Abständen im Kiesboden. Auf Querstreben, ebenfalls aus Stahl, sind Reihen von Solarpanels befestigt.

Hinter dem Rangierbahnhof in Spreitenbach, versteckt zwischen Schrebergärten und Limmat, hat die grösste Energieversorgerin des Kantons, die AEW, ihre erste Freiflächensolaranlage in Betrieb genommen.

Die Anlage liegt zwischen Schrebergärten, Limmat und der benachbarten Schaltanlage der Swiss Grid.
Bild: zvg

Möglich wurde der Bau der neuartigen Solaranlage durch den Ersatz der über 40-jährigen Freiluftschaltanlage auf dem Gelände. Die neue, gasisolierte Schaltanlage inklusive Transformatoren, braucht deutlich weniger Platz als die alte. Dadurch lag eine Fläche von rund 2800 Quadratmetern brach.

«Dieses Land landwirtschaftlich zu nutzen, ist nicht möglich», sagte David Gautschi, Leiter des Bereichs Produktion bei der AEW, an einem Medienanlass am Dienstagmorgen. Denn der Boden sei vorbelastet, dicht an der Oberfläche verliefen viele Schächte und Kabel.

«Keine negativen Auswirkungen auf Biodiversität»

David Gautschi, AEW.
Bild: Raphaël Dupain

Die Freiflächenanlage hat laut Gautschi mindestens zwei Vorteile: Zum einen sind die Baukosten geringer als bei einer Dachanlage, was den Solarstrom vergleichsweise günstig macht. Zum anderen bietet die Anlage Flexibilität, da sie schnell demontiert werden kann, falls das Gelände später anderweitig genutzt werden soll.

Laut Gautschi hat das Projekt auch keine negativen Auswirkungen auf die Biodiversität. Denn die Grünfläche unter den Panels bleibe erhalten, erklärte er. Konkrete biodiversitätsfördernde Massnahmen sind zurzeit nicht geplant. Zuerst wollen die Projektverantwortlichen beobachten, wie sich die Natur im Frühling auf dem derzeit nur spärlich bewachsenen Boden entwickelt.

Solarunternehmer wünscht sich «Industrieexpress»

Anfang 2022 begann die AEW mit der Planung der Anlage, nicht einmal zwei Jahre ist sie bereits in Betrieb – auch, weil keine Einsprachen gegen das Bauprojekt eingingen. Sämtlichen Strom, den die 1414 Solarpanels produzieren, speist die AEW ins Netz ein. In einem durchschnittlichen Jahr kann damit der Bedarf von 140 Vier-Personen-Haushalten gedeckt werden.

Michael Hohn von Swiss Solar City wünscht sich mehr Freiflächenanlagen wie jene in Spreitenbach.
Bild: Raphaël Dupain

Den Bau der Anlage hat die AEW an die Swiss Solar City ausgelagert. Michael Hohn, Geschäftsleitungsmitglied der Firma und ebenfalls anwesend bei der Einweihung der Freiflächenanlage, sagte, er wünsche sich, dass noch viel mehr brachliegende Flächen auf Industriearealen für die Stromproduktion genützt würden – dass neben dem «Solarexpress» auch ein Industrieexpress entsteht. Denn im Vergleich zu den geplanten Solaranlagen in den Alpen sei der Eingriff in die Natur deutlich kleiner.

SP-Grossrat kritisiert Freiflächenanlage

Aargauer Politiker und Politikerinnen wünschen sich zwar ebenfalls, dass das Solarstrompotenzial im Aargau besser ausgenutzt wird. Freiflächenanlagen wie jener in Spreitenbach stehen sie aber kritisch gegenüber. So heisst es in einem parteiübergreifenden Vorstoss von Anfang Jahr: «Bevor Wiesen mit Solaranlagen bebaut werden, sollten die Optionen auf Dächern der kantonalen Liegenschaften und der Kraftwerke mit Aargauer Beteiligung genutzt werden.»

SP-Grossrat Martin Brügger verlangte vom Regierungsrat genauere Angaben dazu, bis wann er die Solarstromproduktion auf öffentlichen Gebäuden wie stark ausbauen will. Zudem solle die Kantonsregierung prüfen, ob sie die «Solaroffensive» auch bei Gesellschaften mit Kantonsbeteiligung – konkret bei den beiden Energieversorgern AEW und Axpo – vorantreiben könne.

Solarausbau auf Kantonsgebäuden dauert

Der Regierungsrat schreibt nun in seiner Antwort auf den Vorstoss, die AEW und die Axpo hätten bereits zahlreiche Immobilien mit Solaranlagen ausgerüstet. Sie würden ihre Vorbildrollen wahrnehmen. Generell könnten «Eingriffe in die operative Tätigkeit» von Gesellschaften im Kantonsbesitz «in Konflikt zur geforderten Wirtschaftlichkeit stehen». Man nehme aber anderweitig Einfluss, beispielsweise im Rahmen von Eigentümerversammlungen.

Das Potenzial für zusätzliche Solaranlagen auf kantonalen Gebäuden sei im Frühjahr 2022 geprüft worden, schreibt der die Kantonsregierung weiter. Dabei seien 50 Immobilien identifiziert worden, auf denen Solarmodule mit einer Leistung von schätzungsweise 4300 Kilowatt installiert werden könnten. Bis sie gebaut werden, wird es jedoch noch Jahre dauern. Der entsprechende Kredit wird dem Grossen Rat frühestens 2026 vorgelegt. Der Bau der Anlagen ist von 2027 bis Ende 2033 geplant.

Zumindest eine weitere Solaranlage will der Kanton bereits im nächsten Jahr realisieren. Und zwar auf den Dächern des Buchenhofs, dem Sitz des Departements für Bau, Verkehr und Umwelt in Aarau, wo auch das kantonale Rechenzentrum untergebracht ist. Dass es hier so schnell geht, liegt zum einen daran, dass eine Dachsanierung ansteht. Zum anderen ist die Anlage wegen des hohen Stromverbrauchs auch wirtschaftlich besonders interessant. Der Eigenverbrauch liege bei 100 Prozent, heisst es in einer Mitteilung.