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«Langfristig wenig zielführend»: FDP-Grossrat kritisiert SP-Forderung nach staatlichen Subventionen für die Industrie

Auch die Schweiz müsse Industriepolitik betreiben und Firmen wie Stahl Gerlafingen finanziell unterstützen, fordert die SP Aargau mit einer Standesinitiative. Yannick Berner, FDP-Grossrat und Co-CEO eines exportorientierten Unternehmens, sieht staatliche Interventionen als falschen Weg.

Für die SP Aargau ist klar: Es braucht staatliche Unterstützung für serbelnde Industriebetriebe. Das forderte Nationalrätin Gabriela Suter schon vor drei Jahren, als General Electric einen massiven Stellenabbau in Oberentfelden vollzog. Es brauche eine langfristige Standort- und Industriepolitik von Bund und Kanton, verlangte Suter. Der grosse Stellenabbau sei ein herber Verlust und ein Rückschlag für den Wirtschaftsstandort Aargau, hielt der Regierungsrat damals fest.

Als Mitte Oktober bekannt wurde, dass dem Stahlwerk im solothurnischen Gerlafingen die Schliessung droht, erneuerte die SP Aargau ihre Forderung. Mit einer Standesinitiative solle der Kanton beim Bund staatliche Subventionen für das angeschlagene Unternehmen verlangen, heisst es in einem Vorstoss. Dieser wird am Dienstag im Grossen Rat behandelt – wenn er eine Mehrheit findet, muss die Volkswirtschafts-Kommission einen konkreten Antrag ausarbeiten.

Industriepolitik schränkt Firmen laut Berner stark ein

Schon vor der Debatte im Parlament werden jedoch Zweifel laut. FDP-Grossrat Yannick Berner schreibt in einer Interpellation: «Die Forderungen der SP nach einer umfassenden staatlichen Industriepolitik im Zusammenhang mit Stahl Gerlafingen werfen die Frage auf, ob eine solche Intervention tatsächlich der richtige Weg ist». Berner führt zusammen mit seinem Bruder die Urma AG in Rupperswil, die Präzisionswerkzeuge herstellt und mehr als 90 Prozent davon exportiert.

Gerade für den Standort Aargau, der stark vom Export abhängig sei, findet Berner den gezielten Abbau von Standortnachteilen, die Förderung von Innovation und Wettbewerbsfähigkeit sowie den erleichterten Zugang zu bestehenden und wachsenden Märkten wichtiger. Eine «langfristig wenig zielführende Industriepolitik» schränkt aus seiner Sicht die wirtschaftliche Eigenverantwortung und freie Marktanpassung der Firmen massiv ein.

Die Probleme der deutschen Automobilindustrie und die Aufwertung des Frankens belasten die Aargauer Wirtschaft laut Berner direkt. Dies zeige der Rückzug der Suhner Group aus dem Automobilgeschäft, der im Mai bekannt wurde. Berner schreibt: «Wir müssen uns die Frage stellen, wie die kantonalen Rahmenbedingungen für die exportorientierte Industrie optimiert werden können, damit Unternehmen widerstandsfähiger gegen globale wirtschaftliche Unsicherheiten werden.»

Was tut die Regierung für die Exportindustrie?

Berner will wissen, wie der Regierungsrat die Lage der Exportindustrie im Kanton beurteilt, «insbesondere in Bezug auf die Abhängigkeit von wichtigen Märkten wie Deutschland». Zudem fordert er Angaben zu den Einnahmen aus Unternehmenssteuern, zu Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit und Mehraufwand der Arbeitslosenkasse. Weiter fragt er, welche Massnahmen auf kantonaler Ebene ergriffen werden, «um die Attraktivität des Aargaus für exportorientierte Unternehmen zu stärken und Investitionen zu fördern».

Schliesslich fragt der Freisinnige: «Welche Möglichkeiten sieht der Regierungsrat, durch gezielte Verbesserungen der Rahmenbedingungen die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu unterstützen, ohne sich dabei auf eine breit angelegte Industriepolitik zu verlassen»? Zudem soll die Regierung darlegen, welche Herausforderungen sie bei der Einführung einer nationalen Industriepolitik sieht und wie sie potenzielle Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Aargau bewertet.