Macron ist das Problem: Bleibt er, kommt Le Pen
Als wäre nichts: Mit blütenweissem Hemd und strahlendem Lachen besuchte Emmanuel Macron am Donnerstag eine Oase in Saudi-Arabien, wo er sich gerade zum Staatsbesuch aufhält. Im 4000 Kilometer entfernten Paris trat derweil die Nationalversammlung zusammen, um der Regierung des Präsidenten das Vertrauen zu entziehen und Premier Michel Barnier seinerseits in die Wüste zu schicken – in seinem Fall nur bildhaft gesprochen.
Doch wie König Ludwig vor der Revolution von 1789 sieht der Präsident nicht, was auf Frankreich zukommt. Nach den verpatzten Neuwahlen von Juni und dem Regierungssturz in dieser Nacht läuft alles auf einen baldigen Machtantritt politischer Extremisten hinaus: Marine Le Pen auf der rechten Seite oder Jean-Luc Mélenchon auf der linken Seite.
Der französische Präsident erkennt nicht, wie unpopulär und politisch isoliert er ist, und wie sehr es Le Pen und Mélenchon eilt. Der nächste Regierungssturz ist programmiert, und irgendwann wird es auch für Macron zu viel sein. Er müsste einen verantwortungsvollen Nachfolger oder eine Nachfolgerin aufbauen, er müsste die moderateren Parteien in eine Allianz führen. Nichts von dem geschieht. Und je länger Macron im Elysée-Palast verharrt, desto stärker wird die radikale Opposition rechts oder links – beide wirtschaftsfeindlich und putinfreundlich, beide verheerend für das ohnehin geschwächte Europa.
Macron sieht die Gefahr nicht. Er merkt nicht, dass er, der grosse Problemlöser von 2017, heute selbst das Problem ist.