«Ein Gräuel»: Wiliberger SVP-Nationalrat Burgherr ärgert sich über Millionenrabatt für Stahlwerk Gerlafingen – und Parteikollegen
SVP-Politiker Thomas Burgherr aus Wiliberg staunte am Dienstag nicht schlecht, als sich der Nationalrat für Überbrückungshilfe für die angeschlagene Stahlindustrie aussprach. So sollen grosse Stahl- und Aluminiumwerke befristet und gestaffelt von Netznutzungsentgelten befreit werden. Der Aargauer ärgert sich besonders, dass auch viele bürgerliche Ratsmitglieder diesem Vorhaben zustimmten. SVP-Nationalrat Christian Imark aus dem Kanton Solothurn kämpfte an vorderster Front an der Seite der Gewerkschaftler für die Stahl Gerlafingen und die Kreislaufwirtschaft, die im Inland bleiben soll.
Sägerei-Unternehmer Burgherr hingegen ist überzeugt, dass auch andere Branchen eine solche Hilfe fordern werden. Dem will der 62-Jährige einen Riegel schieben. Burgherr reicht am 12. Dezember eine parlamentarische Initiative ein. Darin fordert er: «Die Bundesverfassung soll in Artikel 94 mit einem Absatz ergänzt werden, der einer Eidgenössischen Industriepolitik sehr enge Grenzen setzt (oder sie allenfalls sogar verbietet).» Mit einer parlamentarischen Initiative kann ein Ratsmitglied den Entwurf zu einem Erlass oder die Grundzüge eines solchen Erlasses vorschlagen.
Der Staat soll möglichst wenig eingreifen
In seiner Begründung hält der Aargauer fest: «Die Schweiz baut auf einer liberalen Wirtschaftsordnung auf.» Weil der Staat möglichst wenig eingreife, floriere die Wirtschaft und sei krisenresistent. Subventionen, staatliche Förderungen und Interventionen würden aus machtpolitischen Gründen ergriffen.
Darin sieht der SVPler wesentliche Nachteile für die Schweiz: «Industriepolitik ist sehr kostspielig für den Staat und den Steuerzahler.» Die strukturellen Probleme eines Wirtschaftszweigs würden durch die Intervention nicht gelöst, sondern nur zugedeckt.
Für Burgherr besteht das Risiko, dass einmal gewährte Unterstützung immer wieder verlängert werden muss und weitere Akteure finanzielle Hilfe anfordern. «Ein weiteres Problem ist, dass Industriepolitik immer spekulativ und zu langsam ist», fügt er an. Die Politik könne schnelle Veränderungen in der Sicherheitspolitik, bei neuen Technologien, Katastrophen und geopolitischen Ereignissen nicht auffangen.
Kurzarbeitsentschädigung taugt als Instrument
Die Bevorzugung einzelner Branchen schafft aus Burgherrs Sicht nur neue Probleme. Im Gegensatz etwa zur EU habe die Schweiz «sehr gute Abfederungsmassnahmen für Firmen, die unvermittelt Probleme bekommen». Als Beispiel erwähnt er die Vorteile der Kurzarbeitsentschädigung während der Coronapandemie. Das greife gut und schnell bei den wirklich betroffenen Kreisen.
Der Millionenrabatt für das Stahlwerk Burgherr sei «ein Gräuel», wie er gegenüber TeleM1 sagt. Um nicht in die Subventionsspirale zu gelangen, müsste der Staat die Netzgebühren für alle senken: für alle Haushalte genauso wie für den Bäcker, Metzger oder Zimmermann.
Die Überbrückungshilfe für die Stahlindustrie gilt im Bundesparlament als dringliches Geschäft. Sie soll deshalb nach dem Nationalrat bereits am kommenden Montag im Ständerat behandelt werden.