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Ex-Frau bemühte sich jahrelang nicht um Arbeit: Mann will keinen Unterhalt mehr zahlen und zieht Urteil des Bezirksgerichts Brugg weiter

Getrennt sind die beiden schon lange, doch nach der Scheidung im Jahr 2021 erhöhte sich der monatliche Unterhaltsbeitrag um 1000 Franken.

1996 haben sie geheiratet, 2013 folgte die Trennung und 2023 die Scheidung. Die Kinder sind inzwischen erwachsen. Vor über zehn Jahren wurde Marcel (alle Namen geändert) verpflichtet, seiner Ex Maria monatlich einen Unterhaltsbetrag von knapp 3000 Franken zu überweisen und ihr von einem ihm jeweils ausbezahlten Bonus die Hälfte abzugeben. Sein Gang vor das Obergericht blieb damals erfolglos.

Mit der Scheidung vor eineinhalb Jahren änderten sich die Bedingungen. Marcel sollte gemäss Bezirksgericht Brugg Maria nun vier Jahre lang einen nachehelichen Unterhalt von knapp 4000 Franken entrichten und danach, bis er 2031 das Rentenalter erreicht, 2500 Franken. Damit zeigte sich Marcel nicht einverstanden und erhob Berufung. Er wolle seiner Ex-Frau ab dem Zeitpunkt, an dem das Ehescheidungsurteil in Rechtskraft erwachsen sei, nur noch ein halbes Jahr lang Unterhalt bezahlen. Dieser soll in der Höhe von 3300 Franken pro Monat liegen.

Pflicht, sich wieder in Arbeitswelt einzugliedern

In seinem vor wenigen Tagen publizierten Urteil schreibt das Obergericht, es bestünde die Pflicht, sich wieder in die Arbeitswelt einzugliedern. Zumindest sofern es, wie im vorliegenden Fall, keine Aussicht auf Wiederaufnahme des Ehelebens gäbe.

Bei einem früheren Entscheid habe das Bezirksgericht Brugg zudem ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Maria nun die Chance erhalte, sich beruflich aus- oder weiterzubilden, um ihre berufliche Eingliederung im Hinblick auf eine spätere Scheidung zu erleichtern. «Die Beklagte musste daher nach Treu und Glauben davon ausgehen, dass sie sich beruflich in der Schweiz wird eingliedern müssen, um künftig ihren eigenen Lebensunterhalt decken zu können», hält das Obergericht fest.

Bescheinigung von Kardiologe laut Obergericht ungeeignet

Auf Stellen beworben habe sich Maria jedoch erst 2022 und 2023 und somit deutlich verspätet. Und weshalb ihr lediglich ein Pensum von 40 Prozent zugemutet werden könne, sei nicht ersichtlich. Zwar habe Maria diverse gesundheitliche Einschränkungen vorgebracht, entsprechende Arztzeugnisse habe sie aber nicht eingereicht. «Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass ein Zeugnis eines Facharztes für Innere Medizin und Kardiologie nicht dazu geeignet ist, eine Erschöpfungsdepression nachzuweisen», so das Obergericht.

Es fügt an, da Maria seit über 20 Jahren in der Schweiz lebe und auch einen Sprachkurs mit anschliessender Prüfung auf Niveau B1 absolviert habe, sei davon auszugehen, dass ihr Deutsch ausreiche, um eine Anstellung im Tieflohnbereich aufzunehmen.

Somit erhält sie nur noch für sechs Monate Unterhalt in der Höhe von 3300 Franken von Marcel. Eigentlich bestehe in diesem Fall überhaupt kein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt, schreibt das Obergericht. Da Marcel sich aber schon dazu bereit erklärt habe, diesen während sechs Monaten zu bezahlen, sei er nun dazu verpflichtet. Weiter muss Maria die Gerichtskosten von 3500 Franken übernehmen sowie ihrem Ex-Mann eine Parteientschädigung von 2600 Franken entrichten.