Sanija Ameti erhält nach Interview Rückendeckung – hat aber auch weiterhin Gegenwind
«Ich schäme mich für diesen Fehler.» Es sind deutliche Worte,die Sanija Ameti im Exklusiv-Interview mit der«Schweiz am Wochenende» über ihre Schiessübungen auf ein Bild von Maria und Jesus findet.Seit die Co-Präsidentin der Operation Libero Bilder dieser Aktion auf Social Media geteilt hatte, entlud sich ein grosser Sturm der Empörung gegen die ambitionierte Jungpolitikern. Sie hat sich entschieden, sich aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen. Drei Monate lang. Bis jetzt.
Ameti gibt sich im Interview nicht nur reuig, sondern auch kämpferisch. Sie denkt nicht über einen Rückzug aus der Politik nach – und auch nicht über einen Austritt bei den Grünliberalen. «Ich bin grünliberal und bleibe grünliberal», sagt die 32-Jährige. Doch ihr droht der Parteiausschluss. Präsident Jürg Grossen hatte bereits kurz nach dem Schiess-Post ihren Austritt gefordert.
Gegenüber der «NZZ»schrieb die kantonale Sektion der Grünliberalen nach dem Interview, dass sie bereits im September von der Mutterpartei ein entsprechendes Schreiben erhalten habe. Vereinsrechtlich sei ein solcher Ausschlussantrag ein «komplexer Prozess». Gespräche mit Ameti würden laufen. Da sie länger krankgeschrieben war, habe sich das Verfahren aber verzögert. Mit einer Entscheidung rechnen die Zürcher Grünliberalen «in den nächsten Wochen».
Hinter den Kulissen laufen Gespräche
Leise Signale einer möglichen Versöhnunghat der «Blick» gehört. So habe es in den letzten Tagen «erste Annäherungen» zwischen den beiden Seiten – also Ameti und der nationalen Parteileitung – gegeben. Zwar könne noch nicht von einer eigentlichen Aussprache gesprochen werden, aber hinter den Kulissen sei man im Austausch.
Dabei dürfte es vor allem um die Frage gehen, wie sowohl die GLP wie Ameti gesichtswahrend aus der Angelegenheit kommen. Neben viel Kritik an Ameti wurde auch mächtig Kritik über das Vorgehen der GLP-Oberen laut. Diese hätten zu rasch und ohne vertiefte Abklärungen den Parteiausschluss von Ameti gefordert. Dadurch sei sie noch zusätzlich zum Abschuss frei gegeben worden.Zahlreiche Schweizer Persönlichkeiten setzten sich für Ameti ein und lancierten eine Online-Petition, die Fairness im Umgang mit der Politikerin forderte.
Ständerat zweifelt weiter an Ameti
Im Nachgang zum Comeback-Interview zeigt sich auch, dass die Fronten rund um Ameti verhärtet bleiben. SVP-Ständerat Werner Salzmann zweifelt auf «X» die Aussagen von Ameti weiterhin an. «Ich kann es leider nicht glauben», schreibt der Berner. Dabei geht es um die Frage, ob die Zürcherin tatsächlich im Affekt und zufällig das Bild mit Maria und Jesus als Zielscheibe ausgewählt hat. Sekundiert wird Salzmann unter anderem von Krankenkassen-Experte Felix Schneuwly, der den Post mit «ich auch nicht …» kommentiert.
Entschlossene Rückendeckung gibt es dagegen von der Operation Libero. Diese veröffentlichte am Samstag einen längeren Blog-Beitrag und bekräftigte dabei, dass Ameti weiterhin Teil der Organisation sei. «Sanija war nicht bewusst, was sie tat. Es war keine absichtliche Provokation. Es war keine geplante Handlung.»,heisst es im Textmit dem Titel «warum Sanija Ameti unsere Co-Präsidentin bleibt». Fehler seien menschlich und zudem stehe Ameti hin und habe die Verantwortung für ihr Fehlverhalten übernommen.
«Wenn unsere Verantwortung, unsere Schuld, absolut und unentschuldbar wird, und nach absoluter Busse verlangt, dann stirbt die Freiheit. Und auch die Menschlichkeit», schreibt die Operation Libero durchaus pathetisch. Offen kommuniziert die proeuropäische Bewegung, wie viele Mitglieder seit den Ameti-Bildern ausgetreten sind: 61. Allerdings seien auch 47 Menschen neu zur Operation Libero gestossen.