Elon Musk lobt die AfD – und versetzt deutsche Politiker in Aufregung
Im Lauf des Vormittags schwoll der Chor der Empörten an: Von einer Einmischung in Deutschlands innere Angelegenheiten war die Rede und von einem Angriff auf die Demokratie. Elon Musk, Tesla-Chef und Donald Trumps designierter Bürokratie-Bekämpfer, hatte sich auf seinem sozialen Netzwerk X hinter die AfD gestellt. Nur diese könne Deutschland retten, twitterte er um 7 Uhr morgens deutscher Zeit auf Englisch.
Dazu teilte Musk ein Video einer 24-jährigen deutschen Influencerin, die der Neuen Rechten zugeordnet wird und sich über den CDU-Chef Friedrich Merz beklagt hatte, weil dieser über die Vorstellung entsetzt sei, Deutschland solle dem Beispiel Elon Musks und Javier Mileis folgen. Zudem verweigere sich Merz einem Dialog mit der AfD.
Sie empörten sich über Musk – auf dessen Medium
Dass diejenigen, die sich über Musk aufregten, dies nicht zuletzt auf X taten und somit an der Entstehung jener Inhalte mitwirkten, von denen der Kurznachrichtendienst lebt, ist eine besondere Pointe. Das Unbehagen, ja Entsetzen, das viele angesichts des Pro-AfD-Tweets empfanden, hat natürlich auch damit zu tun, dass dem Unternehmer grosser Einfluss auf den nächsten amerikanischen Präsidenten nachgesagt wird.
Musks Einfluss auf den Ausgang der kommenden Bundestagswahl dürfte dagegen eher begrenzt sein. Ungeachtet aller Aufregung über manipulative Algorithmen ist X in Deutschland vor allem im Vergleich mit den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern ein Nischenmedium.
Musk, über den der deutsche Autor Benjamin von Stuckrad-Barre geschrieben hat, die Welt sei für ihn ein Witz, dürfte über die Reaktionen auf seinen Tweet diebische Freude empfunden haben. Sie zeigen, wie im globalen Dorf ein 80-Millionen-Land zur Weltprovinz werden kann, wenn es sich selbst dazu machen will: Von einer saloppen Äusserung eines Einzelnen in einem weit entfernten Land liessen sich weite Teile des politischen und medialen Establishments in helle Aufregung versetzen.
Umgekehrt ist das Phänomen zu beobachten, dass selbst gestandene Politiker in unwürdiger Weise um Musks Aufmerksamkeit und Zuneigung betteln: Er solle keine voreiligen Schlüsse ziehen, schrieb der FDP-Chef Christian Lindnerwenige Stunden nach dessen Tweet auf X an Musk: Die AfD sei eine rechtsextreme, wirtschaftsfeindliche Partei. «Let’s meet, and I’ll show you what the FDP stands for», «lassen Sie uns treffen und ich werde Ihnen zeigen, wofür die FDP steht».
Die Linkspartei fordert umgehend ein X-Verbot
Musk reagierte zunächst nicht auf den Anbiederungsversuch des früheren Finanzministers. Ohnehin dürfte es den traditionellen Parteien kaum mehr gelingen, Musk für sich einzunehmen: Nur wenige Tage vor seinem AfD-Tweet hatte dieser ankündigt, Reform UK unterstützen zu wollen, die neue Partei des Brexit-Befürworters Nigel Farage.
Alice Weidel, die Chefin der AfD,hat Musks virtuellen Ball unterdessen aufgenommen: «Ja! Sie haben vollkommen recht!», schrieb sie auf X. Die deutscheste Reaktion kam allerdings von der Linkspartei: Deren Vorsitzender Jan van Aken forderte nicht nur ein X-Verbot in Europa, sondern auch den Aufbau eines staatlich finanzierten Alternativmediums.