Von wegen gleich lange Spiesse: Fondue chinoise kann für langsame Esser zum Albtraum werden
Berge von Raclette, Truthähnen, Weihnachtsgänsen, Schüfeli – die Festtage sind eine einzige Völlerei. Man könnte meinen, wir alle haben jetzt mehr als genug verputzt. Und doch gingen einige an dem einen oder anderen Abend mit einem leichten Hungergefühl ins Bett: die Langsamesser. Besonders, wenn Fondue chinoise aufgetischt wurde, und das passiert in der Schweiz während der Feiertage ja nicht gerade selten.
Im Grunde ist der Feuertopf ein gemütliches Gericht. Man spiesst das Fleisch auf die Gabel, taucht es in die Bouillon – und wartet ein paar Minuten, bis es durch ist. Gleich lange Spiesse für alle, könnte man meinen.
Mit Sicherheit aber ist in dieser gemütlichen Runde mindestens ein Schnellesser zugegen, ein Nimmersatt, der nicht, so wie es sich gehört, ein Stück Fleisch aufspiesst, sondern mit grösstem Selbstverständnis gleich deren drei. Manchmal sogar vier. Und schwupps, ehe man sich versieht, ist die Fleischplatte leergefegt, noch bevor die Langsamen beim fünften Stück angekommen sind. Klar, es gibt auch noch Kartoffelsalat, Knoblibrot, Pommes und sonstige leckere Beilagen, aber wer will schon bei der Hauptsache, dem Fleisch, zu kurz kommen? Da bleibt einem vor lauter Stress und Futterneid doch der Bissen im Hals stecken!
Was also tun, wenn beim Fondue chinoise eine Schnellesserin oder ein Schnellesser mit von der Partie ist, ein Fleischtiger, der die wertvolle Ware hemmungslos in sich reinschaufelt? Diese Frage treibt nicht nur einen Leser um, der mir geschrieben hat, sondern auch mich persönlich. Seit Jahren.
Mein Bruder ist so einer, der drückt zu Tisch unheimlich aufs Tempo. Bin heute noch ein wenig traumatisiert deswegen. Er ass mir Langsamesserin früher viel, sehr viel weg, sein Teller war immer längst leer, wenn ich noch bedächtig am dritten Biss rumkaute. Dieser Konflikt gipfelte am weihnächtlichen Fondue chinoise zum Drama, bis meine Mutter sich nicht anders zu helfen wusste, als das Fleisch vorab zu zählen und fair aufzuteilen. Dann hatte jeder seine Ration bei sich und konnte diese verteidigen. Notfalls mit der Fonduegabel.
Aber cool ist das ja nicht, sorry, Mama. Wirkt eher kleinlich, und als Gastgeberin oder Gastgeber will man alles, aber sicher nicht knausrig daherkommen.
Die Lösung ist denkbar einfach: Wenn Sie für Silvester ein Fondue chinoise auftischen, kaufen Sie einfach mehr Fleisch ein, als der Metzger pro Person empfiehlt. Klar, das kostet extra. Aber sollten wir nicht gerade an Weihnachten und Silvester Grosszügigkeit an den Tag legen? Den Konsum runterschrauben können wir wieder im Januar. Dem Portemonnaie und der Figur zuliebe. In dem Sinne: en Guete!