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Kinder als Nazis beschimpft: Warum Alice Weidel nach Einsiedeln zog und wie sie dort lebt

Seit Samstag ist Alice Weidel offiziell Kanzlerkandidatin der AfD. In einem Porträt gewährt sie Einblicke in ihr Leben in der Schweiz.

Normalerweise wettert sie über die illegale Migration, die Wirtschaftspolitik der Ampelkoalition, die Energiewende mit explodierenden Preisen als Folge. Im letzten November zeigte sich AfD-Chefin Alice Weidel bei einem Anlass im Zürcher Kongresshaus jedoch von ihrer sanften Seite: «Sarah, ich liebe dich!», sagte sie an die Adresse ihrer Partnerin Sarah Bossard.

Anlass für die öffentliche Liebeserklärung war eine Frage von Moderator Reto Brennwald zur Hautfarbe ihrer Frau. Die Filmemacherin ist Schweizerin und stammt aus Sri Lanka. Weidel hat einen zweiten Wohnsitz im Kanton Schwyz. Sie lebt mit Bossard im Bezirk Einsiedeln. Sie sehe Hautfarben nicht und habe eine wunderbare Frau, sagte Weidel. Für dieses Statement bekam sie grossen Applaus.

Mit Applaus ernannten auch die Delegierten der AfD die 45-Jährige am Samstag zur Kanzlerkandidatin für die Bundestagswahlen vom 23. Februar.Tags darauf publizierte die «NZZ am Sonntag» ein grosses Porträt über Weidel, verfasst von Margrit Sprecher, einer grossen Figur im Schweizer Journalismus, die in diesem Jahr 90-jährig wird.

Im Porträt gewährt Weidel Einblicke in ihr Leben in Einsiedeln, einem Erholungsgebiet, beliebt bei Winter- und Sommersportlern. «Hier kann ich Kraft tanken, in Berlin bekomme ich extrem viel ab», sagte Weidel. Im nahen Wald ihrer helvetischen Heimat umarmt sie Bäume. Frühmorgens steigt sie manchmal auf den Grossen Mythen (1899 Meter über Meer). Dafür muss man schwindelfrei sein;«Fehltritte sind lebensbedrohlich».

Alice Weidel wandert gerne auf den Grossen Mythen.
Bild: Simon Meier/Keystone

Im nahen Wald, heisst es weiter im Artikel, umarme sie Bäume.In ihrem «politischen Tagebuch» in der «Weltwoche» verriet Weidel kürzlich auch, dass es sie oft ins Kloster Einsiedeln zieht.Sie zeigte sich erschüttert über den Angriff eines minderjährigen afghanischen Asylbewerbers, welcher der Schwarzen Madonna die Kleider entriss und sich ihre Krone aufs Haupt setzte.

In Biel unerwünscht

Eigentlich verkörpert Weidel Eigenschaften, die sie zur Vorzeigefigur des progressiven Milieus prädestinieren: Wirtschaftsstudium, erfolgreich bei Banken, eingetragene Partnerschaft mit einer Schweizerin mit Wurzeln in Sri Lanka, zwei gemeinsame Kinder durch Samenspende.

Doch in der linken Stadt Biel waren Weidel und Bossard auf einmal unerwünscht, nachdem die Präsenz der AfD-Politikerin publik geworden war.Der ältere Bub sei auf dem Spielplatz von seinem besten Freund geschnitten worden, schreibt die «NZZ am Sonntag». Man schleuderte Weidel ins Gesicht, dass ihr politisches Verhalten nicht mit der Party vereinbar sei, auf der sie ihr Bier trinke. Auf der Strasse hätten Kinder Weidel «Scheiss-Weidel, Scheiss-AfD, Scheiss-Nazi» hinterhergerufen. Und die Unterhaltungsbranche habe gegen Bossard einen Auftragsstopp verhängt. In Einsiedeln, das konservativer tickt als Biel, wird das lesbische Paar in Ruhe gelassen.

Die AfD ist das Schmuddelkind der deutschen Politik. Die Partei hat Exponenten in ihrer Reihe, die der Verfassungsschutz beobachtet und als rechtsextremistisch einstuft. Weidel hat sich distanziert von Scharfmachern wie Bernd Höcke und Co.