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Kann die Lufthansa mit Ita Airways ihren Swiss-Coup wiederholen? Die wichtigsten Fragen zur Airline-Übernahme

Die Lufthansa begrüsst diese Woche mit der italienischen Ita Airways eine weitere Fluggesellschaft im Konzern. Das hat Folgen für Unternehmen und Passagiere.

Nach jahrelangen Verhandlungen steigt an diesem Montag der Lufthansa-Konzern bei der italienischen Staatsairline Ita offiziell ein. Für Management und Crews wird sich nicht zuletzt wegen der EU-Wettbewerbsauflagen vieles ändern, aber auch auf die Passagiere kommen einschneidende Veränderungen zu.

Was haben die Partner vereinbart?

Die Lufthansa erhält für eine Kapitaleinlage von 325 Millionen Euro zunächst 41 Prozent der Ita-Anteile. Dieser Schritt soll am Montag offiziell vollzogen werden. Mit dem italienischen Wirtschafts- und Finanzministerium ist vereinbart, dass die Deutschen in zwei weiteren Schritten das Unternehmen vollständig übernehmen können, wenn die Zahlen stimmen. Der italienische Staat bliebe noch mit an Bord, wenn Lufthansa im zweiten Schritt mit 90 Prozent die Mehrheit übernehmen sollte. Bis 2033 könnte dann die Komplettübernahme folgen, für die eine Gesamtsumme von 830 Millionen Euro gehandelt wird.

Welche Rolle hat die EU-Kommission gespielt?

Auf Druck der EU-Kommission hat der Lufthansa-Konzern Zugeständnisse gemacht, um die Marktmacht des neuen Bündnisses zu begrenzen. Start- und Landerechte in Mailand und Rom mussten an Konkurrenten abgegeben werden. Zudem hat die Ita bereits drei Strecken nach Nordamerika gestrichen und muss künftig Passagiere des Konkurrenten International Airlines Group (IAG), der Muttergesellschaft von British Airways und Iberia, sowie Air France bevorzugt zu deren Drehkreuzen fliegen.

Was bedeutet das für die Kunden?

Zunächst einmal könnte Lufthansa das Angebot zwischen Italien und ihren anderen Heimatmärkten «optimieren». Für die Kunden könnte das höhere Preise bei einem etwa gleichbleibenden Platzangebot bedeuten. Hier will die EU mit ihren Auflagen Gegensteuer geben. So musste Ita Airways etwa als Bedingung für die Übernahme am Flughafen Rom Slots, also Lande- und Startrechte, an die Konkurrenz abgeben. Zugeschlagen hat die Billig-Airline Easyjet. Das hat positive Folgen für Schweizer Reisende: Ab dem 30. März fliegt Easyjet neu zweimal täglich von Zürich nach Rom und dürfte damit auf dieser Strecke für tiefere Preise sorgen.

Wie steht die Ita da?

Nach Einschätzung der Lufthansa-Strategen hat die Ita mit ihrer defizitären Vorgängerin Alitalia nichts mehr gemein. Lufthansa-Chef Carsten Spohr hat die 2020 gegründete Italia Trasporto Aereo (Ita) mit ihrer hochmodernen Airbus-Flotte als «Start-up in der mittleren Entwicklungsphase» bezeichnet. Ita-Chef Antonino Turicchi hat für das Geschäftsjahr 2024 einen Umsatz von 3 Milliarden Euro und einen kleinen operativen Gewinn von 40 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Im Konzernverbund sollten zudem weitere Einsparungen möglich sein.

Wer wird Chef der neuen Ita?

Als neuer Ita-Chef ist im Konzern der Lufthansa-Strategiechef Jörg Eberhart im Gespräch, der bereits knappe acht Jahre lang die in Norditalien aktive Regionaltochter Air Dolomiti geleitet hat. Der Manager spielte auch eine zentrale Rolle bei den Übernahmeverhandlungen. Die Wahl des neuen fünfköpfigen Führungsgremiums ist für die erste Ita-Gesellschafterversammlung nach dem Lufthansa-Einstieg geplant.

Was ändert sich für die Ita-Passagiere?

Für die bisherigen Kunden der Ita, zu denen wegen seiner Auslandsreisen regelmässig auch Papst Franziskus zählt, ändern sich viele Kleinigkeiten rund um den Flug. Mit dem Wechsel vom Airline-Bündnis Skyteam in die von Lufthansa dominierte Star Alliance ändern sich Partnergesellschaften für etwaige Weiterflüge ebenso wie die zur Verfügung gestellte Infrastruktur wie Lounges am Flughafen. Ita-Stammkunden aus dem Vielflieger-Programm «Volare» will Lufthansa in das eigene «Miles&More» integrieren, entsprechende Angebote zur Bewertung von Status und Meilen sollen bald kommen.

Was halten Italiener vom Einstieg der Deutschen?

Der Einstieg der Deutschen bei der stolzen italienischen Fluglinie stösst bei den Italienern nicht überall auf Zuspruch: Für einige ist es eine schwere Kränkung, dass ein mächtiger deutscher Konzern sich in die Staatsairline Italiens einkauft. Spöttisch bildete die Satire-Beilage der Tageszeitung «La Stampa» kürzlich eine neue Ita-Maschine als überdimensionale Bockwurst ab, dazu der schwarz-rot-goldene Schriftzug: «Die neue Alitalien – Genug mit den Spaghetti-Essern».

Auch die italienische Politik wollte sich am Ende der Verhandlungen kurz vorm Abschluss des Deals nicht völlig machtlos dargestellt sehen. In der letzten Phase der Preisverhandlungen drohte das Ministerium in Rom, den Deal platzen zu lassen. Als Lufthansa in letzter Sekunde noch den Preis für die zweite Tranche drücken wollte, hiess es aus dem Ministerium: «Italien wird seine Gesellschaft nicht verscherbeln.» Am Ende konnte man sich jedoch einigen.

Was hat Lufthansa mit Ita und dem Flughafen Rom vor?

Zunächst einmal kauft sich Lufthansa mit dem Deal ein Stück des lukrativen Luftverkehrsmarktes in Italien. Mit derzeit knapp 100 Flugzeugen wird die Ita auf Anhieb grösste Auslandsgesellschaft im Konzern. Italien als drittgrösste EU-Volkswirtschaft hat traditionell starke Bindungen nach Amerika und ist zudem eine der Top-Destinationen für zahlreiche internationale Touristen.

Zur Lufthansa-Gruppe gehören bereits die ehemaligen Staatsairlines aus Deutschland, Österreich, Belgien und der Schweiz. Nun kommt also jene aus Italien dazu. Der moderne Flughafen Rom-Fiumicino wird zum sechsten und südlichsten Drehkreuz im weitläufigen Konzern der Lufthansa – nach Frankfurt, München, Zürich, Wien und Brüssel. Spohr hat vor allem den Ausbau des Netzes in Richtung Südamerika im Blick, aber auch Afrika und Asien bieten Marktchancen.

Was bedeutet die Übernahme für die Swiss?

Italien ist für die Lufthansa-Tochter Swiss traditionell ein wichtiger Markt. Einerseits ist das Verkehrsaufkommen zwischen den beiden Ländern dank vielfältiger Verflechtungen hoch. Andererseits füllt die Swiss mit Passagieren aus Italien auch ihre Langstreckenflüge ab Zürich. Für ihre Interkontinental-Flüge wirbt die Swiss immer wieder in Italien, etwa mit Radiowerbung. Transferpassagiere aus anderen Ländern sind für die Swiss wichtig, um ihr vergleichsweise grosses Langstreckennetz profitabel betreiben zu können.

Ob die Übernahme für die Swiss eine gute Nachricht ist, bleibt zum heutigen Zeitpunkt offen. Denkbar ist, dass einige Flüge von und nach Italien künftig nicht mehr von der Swiss, sondern von Ita Airways durchgeführt werden. Härter treffen würde die Airline, wenn Ita Airways das eigene Langstreckenangebot ausbauen und die Swiss innerhalb der Lufthansa-Familie stärker konkurrenzieren würde. Denkbar ist aber auch das Gegenteil, nämlich dass ein innerhalb des Konzerns abgestimmtes Netz dazu führt, dass italienische Reisende auf einigen Verbindungen stärker über Zürich gelenkt werden.(dpa/ehs)