Sie sind hier: Home > Grosser Rat > «Das hat mich jetzt wirklich überrascht»: Gallati wehrt sich vergeblich gegen ein Nein der SVP-FDP-Mehrheit

«Das hat mich jetzt wirklich überrascht»: Gallati wehrt sich vergeblich gegen ein Nein der SVP-FDP-Mehrheit

Die Mietgelder für Sozialhilfe-Beziehende reichen in vielen Gemeinden nicht – alle Parteien anerkennen den Handlungsbedarf. Doch FDP und SVP schwebt eine Lösung vor, die laut Regierungsrat Gallati zehn bis zwanzig Stellen in der Verwaltung nötig machen könnte.

Das Geld, das Sozialhilfe-Beziehende von ihrer Gemeinde für die Miete erhalten, reicht in vielen Fällen nicht. Der Regierungsrat hat den Handlungsbedarf erkannt, wie er in seiner Antwort auf ein Postulat von Therese Dietiker (EVP) schrieb. «Nicht alle Gemeinden im Kanton Aargau nehmen ihre Pflichten in Bezug auf die Mietzinsrichtlinien rechtlich korrekt wahr», schrieb er. Eigentlich wollte er das Postulat entgegennehmen, um eine Verordnung anzupassen.

Doch der Grosse Rat hat ihm nun einen Strich durch die Rechnung gemacht. Oder besser: Es waren die Fraktionen von FDP und SVP. Mit 69 Nein zu 65 Ja lehnte die knappe Mehrheit die Überweisung des Postulats ab.

Dass Handlungsbedarf besteht, bestritten allerdings auch FDP und SVP nicht. Der Freisinnige Andreas Schmid sprach sich gegen eine gesetzliche Änderung aus, bei der die Mietzinsrichtlinien analog zu den Ergänzungsleistungen vorgegeben werden. «Gemeinden, die heute ihre Aufgaben nicht korrekt ausführen, werden dies wohl auch künftig nicht tun», sagte er. Stattdessen schwebte ihm eine verstärkte Aufsichtstätigkeit des Kantonalen Sozialdienstes vor.

Unterstützung erhielt er von René Bodmer (SVP). «Die Gesetze und Regeln sind ausreichend. Das Problem liegt bei der Umsetzung.» Bereits sei mit der FDP und Therese Dietiker vereinbart worden, einen neuen Vorstoss zu lancieren. Er biete Hand, einen Vorstoss auszuarbeiten, hatte zuvor Andreas Schmid gesagt. Wichtig sei ihm, dass die relevanten Gemeindeverbände dahinterstehen könnten.

«Wieso eine grosse Baustelle aufmachen?»

Dietiker warb dennoch für ein Ja zum Postulat. «Wir haben zu lange auf die Selbstregulierung gesetzt», mahnte sie mit Blick auf die Rolle der Gemeinden, von denen manche dem Anspruch offensichtlich nicht gerecht werden. Das Thema sei dringlich und könne «nicht auf die lange Bank geschoben werden».

Die bürgerlichen Voten sorgten bei den anderen Fraktionen für Erstaunen. «Was ist daran falsch, das Postulat zu überweisen?», fragte Lea Schmidmeister (SP). «Ich bin sauer auf die Gemeinden, die ihre Hausaufgaben nicht machen. Ich will, dass die Gemeinden sich an die Gesetze halten», sagte Hanspeter Budmiger (GLP), Gemeindeammann von Muri. «Wieso wollen Sie jetzt eine grosse Baustelle aufmachen und die Verwaltung aufblasen?», fragte André Rotzetter (Mitte) die FDP und die SVP. «Es gibt eine einfache Lösung!» Und Andrea Fischer Bargetzi (Grüne) stellte infrage, wieso eine Zusatzrunde nötig sein solle.

10 bis 20 zusätzliche Jobs für die Aufsicht?

«Das hat mich jetzt wirklich überrascht», sagte der zuständige Regierungsrat Jean-Pierre Gallati. Er meinte die Ankündigung von Andreas Schmid, dass der neue Vorstoss eine Selbstregulierung und verstärkte Aufsichtstätigkeit vorsehen soll. Gallati verwies darauf, dass der Grosse Rat 2021 ein Postulat für mehr Aufsicht der Gemeindesozialdienste abgelehnt hatte. «Wenn Sie das jetzt wollen, müssen Sie das klar und deutlich sagen.» Dann müsste der Grosse Rat auch die nötigen finanziellen Mittel zur Verfügung stellen. «Das sind zehn bis zwanzig Personen zu diesem Zweck», so Gallati.

Er kündigte an, dass eine Verordnung geändert werden solle. Damit wäre es nicht nötig, die Aufsichtstätigkeit zu erhöhen. Die Anpassung würde auch den Gemeindesozialdiensten das Handwerk erleichtern. Gallati stellte die rhetorische Frage in den Raum, bei welcher Verordnung der Regierungsrat die Gemeinden nicht einbezogen habe? «Das wäre politischer Suizid. Alle fünf Mitglieder des Regierungsrats wissen, dass gegen den Widerstand der Gemeinden nichts geht.»