Carl Spitteler hoch aktuell, inklusives Orchester im KKL, neues Musical in Sursee und Zugabe von Megawatt
Luzerner Theater: Gänsehautmoment mit Carl Spitteler
«In der Tat lässt sich die ganze Weisheit der Weltgeschichte in einen einzigen Satz zusammenfassen: Jeder Staat raubt, soviel er kann.» Der das sagt, heisst nicht Karl Marx oder Yanis Varoufakis, sondern Carl Spitteler. Der einzige gebürtige Schweizer Literaturnobelpreisträger Carl Spitteler (1845 geboren in Liestal, 1924 gestorben in Luzern) sprach sich am 14. Dezember 1914 – wenige Monate nach Beginn des Ersten Weltkriegs – für eine konsequente Neutralität der Schweiz und für Volksversöhnung aus. Spittelers berühmte Rede zum «richtigen neutralen, dem Schweizer Standpunkt» verschaffte ihm viele Feinde, gerade in Deutschland.
100 Jahre nach Spittelers Tod am 29. Dezember 1924 in Luzern, ist die Diskussion um die Schweizer Neutralität erneut entbrannt. «Nieder mit den Alpen! Freie Sicht aufs Mittelmeer!» lautet ein Zitat von Carl Spitteler. Am Samstag feiert das Stück «Nieder mit den Alpen!» am Luzerner Theater Premiere. Zum 100. Todestag des Schweizer Nobelpreisträgers und in Zusammenarbeit mit der Carl Spitteler-Stiftung Luzern. Es ist die erste Regiearbeit von Schauspielerin Carina Thurner und eine ganz eigene Annäherung an Carl Spitteler – mit Texten von Carina Thurner, mit Texten und Motiven von Carl Spitteler. Dramaturg Martin Wigger beschreibt Spittelers Sprache als «Gratwanderung zwischen Romantik und neuer Sachlichkeit». Hauptdarsteller Bastian Inglin fühlt sich dem Wahlluzerner Spitteler nun sehr viel näher: «Wir haben versucht, seinen Geist einzufangen.»(sh)
KKL: Trotz Stufen auf Schweizer Bühnen
Im KKL ist vorgesorgt, doch Standard ist es nicht. Wer als Künstlerin auf die Bühnen dieser Welt treten will, muss oft Treppen steigen. Auch in Häusern, in denen der Zuschauerraum rollstuhlgerecht ist. Stufen sind die wohl offensichtlichsten physischen Barrieren für behinderte Künstlerinnen und Künstler, aber nur ein Beispiel. «Generell wird leider nicht davon ausgegangen, dass es behinderte Künstlerinnen und Künstler gibt», sagt Nina Mühlemann, Künstlerin und Theater- und Disabilitywissenschaftlerin an der Hochschule Bern. Mühlemann wirkt bei «The Big Ensemble» mit, das nach gefeierter Premiere in Bern auch Halt in St. Gallen und Luzern macht.
Mit iPad und Geige auf Augenhöhe musizieren Das experimentelle und interdisziplinäre Bühnenwerk ist eine Projektinitiative von «Tabula Musica» und dem Luzerner Sinfonieorchester in Kooperation mit der HSLU – Musik, dem Lucerne Festival, der Musikschule Luzern und dem KKL Luzern. Es vereint Personen mit und ohne Behinderung, soll einerseits auf die Thematik aufmerksam machen und andererseits aufzeigen, wie ein inklusiver Musik- und Tanzbetrieb möglich sein könnte.(dst)
Stadtheater Sursee mit dem Musical My Fair Lady
Schon Ovid erzählte die Geschichte von Pygmalion, der sich in seine Statue, einem Abbild einer echten Frau, verliebt. Seine Liebkosungen erwecken sie letztlich zum Leben. Der Engländer Bernard Shaw übersetzte die Geschichte in ein Theaterstück, das Grundlage für ein Erfolgsmusical wurde. Die Geschichte handelt vom selbstbewussten Professor Higgins, der das Blumenmädchen Eliza durch sein Dialekttraining in eine feine Dame – die Fair Lady – verwandeln will. Für Sursee ist der Stoff ins Berndeutsche, dem Dialekt der Hauptdarstellerin Valentina Russo, übersetzt.
«Die Entscheidung ist dem Wunsch nach Authentizität, Charme, Herzlichkeit und Bodenständigkeit entsprungen», verrät Katrin Gurtner. Sie ist künstlerische Leiterin der Musik- und Theatergesellschaft Sursee (MTG). Zum 225-jährigen Jubiläum holt die MTG mit «My Fair Lady» nun einen Programmpunkt nach, den es sich schon 2000 vorgenommen hatte. Erstmals nutzt die MTG heuer auch tontechnische Verstärkung, was gerade bei Musicals wie diesem mit viel Sprechgesan nötig ist, in Sursee aber bisher nicht Usus war, wie Gurtner erklärt. Die MTG konzentriert sich eigentlich auf Operetten, doch auch Musicals landen bisweilen im Programm, wie «Anyhing Goes» 2014. Berndeutsch für die Solistin und die Obsthändler Die Umsetzung in Dialekt kommt einer weiteren Entwicklung entgegen: Dem Einsatz eigener Darsteller in grösseren Rollen. Mit der MusikTheaterWerkstatt startete diesen August das hausinterne Weiterbildungsprogramm. Viele Amateurdarstellerinnen und -darsteller hätten das Angebot in Anspruch genommen und bereits viel gelernt. Gurtner: «Durch die gezielte Weiterbildung fühlen sich alle stärker in den kreativen Prozess eingebunden und wachsen über sich hinaus.»
Die qualitative Steigerung in Gesang und Schauspiel reiche dabei so weit, dass Amateure auch Rollen wie die Obsthändler (Quartett) oder Dienstboten (Oktett) besetzen können. Und profitiere man von der engen Verbindung zur HSLU. «My Fair Lady» in Sursee ist ein Professor, der sein Blumenmädchen mit Sprachcoaching in das perfekte Abbild einer Dame verwandeln will und eine Theathergesellschaft, die ihre Mitglieder zu idealen Bühnendarstellern schult. Ob das klappen kann?(dst)
Minimalistische mit Ramón Oliveras im Neubad
Zwei Instrumente, das Klavier und das Schlagzeug, zwei Künstler, Raphael Loher aus Luzern und Ramón Oliveras aus Zürich: Lohers (Kali Trio, Trio Baumschule) erstes Piano-Soloalbum «Keemuun» (2022) ist eine Minimalstudie von faszinierender Wirkung. Morgen Freitag, 17. Januar, erscheint Oliveras’ erstes Schlagzeug-Soloalbum unter dem Titel «A Certain Darkness Is Needed to See the Stars», etwa: Es braucht einen gewissen Grad an Dunkelheit, um die Sterne sehe zu können. Es sei ein «sehr persönliches Herzensprojekt», an dem er die letzten vier Jahre intensiv gearbeitet habe. Die Drum-Performance dreht sich um den non-dualistischen Zustand von Leben/Tod und den eigenen Körper. Mit seinen hochenergetischen Polyrhythmen nutzt das Stück die ganze Kraft des Schlagzeugs und bewegt sich musikalisch zwischen Trommelritualen, zeitgenössischem Minimalismus und Techno-Rave. Es wurde auf einem präparierten Schlagzeug (mit Alufolie) gespielt, ohne Loops oder Overdubs. Oliveras hat an der Zürcher Hochschule der Künste Jazzschlagzeug und klassische zeitgenössische Komposition studiert. Er ist Leader des Indie-Groove-Jazz-Quintetts Ikarus und Teil des queeren Indie-Rock-Trios Dalai Puma. Seine Philosophie: «It’s not our revolution if we can’t dance!». Das Stück soll ein Werkzeug dafür sein, sich mit Körper und Geist zu verbinden. Und zu tanzen.(reg)
Zweimal Albin Brun und Gäste
Während in der Kulturmühle Horw die Konzertreihe «Albin Brun und Gäste» mit dem vierten Teil endet, beginnt sie im Kleintheater Luzern sozusagen wieder von vorn. Im Rahmen seiner «Carte blanche» in der Kulturmühle (18. 1.) spielt der Luzerner Musiker (Schwyzerörgeli, Saxofon) mit seinem Quartett: Patricia Draeger (Akkordeon), Claudio Strebel (Kontrabass), Markus Lauterburg (Schlagzeug, Perkussion). Im Kleintheater (21. 1.) kommt «Briefwexel» mit Ruedi Häusermann auf die Bühne. Der heitere Briefwechsel in gereimter Form mit dem Musiker, Komponisten und Regisseur, dank dem sie zum gemeinsamen Musizieren gefunden haben, wird derweil weitergegangen sein.(reg)
Cello complet: Beethovenschmaus
Zusammen mit Petra Besa, unter anderem Korrepetitorin an der Musikhochschule in Basel, bestreitet die junge Cellistin und ARD-Wettbewerb-Teilnehmerin Milena Marena Beethovens Gesamtwerk für Cello und Klavier. Darin enthalten sind die fünf Cellosonaten, Variationen über Mozarts «Bei Männern, welche Liebe fühlen» und «Ein Mädchen oder Weibchen» (beide Arien aus der «Zauberflöte») und jene über ein Thema aus Händels «Judas Maccabäus».(dst)
Schüür: Ein schöner Popabend
Into Orleans ist das Projekt von Sebastian Schwarz, Multiinstrumentalist und Mitglied zahlreicher Bands (Moes Anthill). Die Stimme hat was, gleich im Intro zum ersten Track «The Ghost» des aktuellen Albums «The Arcades» erzeugt sie einen wohligen Schauder. «Synthpop teilt sich mit psychedelischen und introvertierten Klangwelten die Bank», sagt Schwarz über die Musik seines Trios. Spannend, schön, lässt einen nicht kalt. Und, mehr als ein Zückerchen: Eröffnen für Into Orleans wird Gina Été, die vielgesichtige Musikerin aus Zürich.(reg)
Heimatgefühl mit Mundartrockern
Die Leute fahren darauf ab wie verrückt. «Eine Tour – Alle Hits» – die Rheintaler (Hard-)Rockband Megawatt ist auf «Rockerherz»-Zugabe-Tour. Nach «Felsafescht» schaffte es auch die aktuelle CD (ja, CD) «Rockerherz» an die Spitze der Schweizer Hitparade. Und dann traten sie ja auch noch im Rahmen der Olympischen Spiele in Paris auf. Auf der Bühne zelebrieren die fünf Mundartrocker den Rock ‹n› Roll, daneben sind sie bodenständig, nahbar und authentisch. Für das Konzert in Schwyz hat es tatsächlich noch Tickets.(reg)
Die Zuger Spiillüüt und Edgar Wallace
Jetzt wird es spannend – und lustig! Vom 17. Januar bis zum 15. Februar führen die Zuger Spiillüüt im Theater im Burgbachkeller die Krimikomödie «Das Indische Tuch» von Edgar Wallace auf. Die Zuger Spiillüüt versprechen «munteres Mörderraten im Stil des Altmeisters». Zu Lebzeiten ein Spassvogel, treibt es ein Lord nach dem Tod noch bunter: Rechtsanwältin Tanner verliest den vorletzten Willen des Verstorbenen. Die zerstrittene Familie soll sechs Tage im Schloss verbringen, um sich auszusöhnen. Erst dann wird geerbt.(sh)