Immer mehr Geschäfte: Parlament kämpft mit der selbst eingebrockten Vorstossflut
Rund 3000 Geschäfte hat das Parlament im vergangenen Jahr eingereicht. Wie die neusten Zahlen der Parlamentsdienste zeigen, ist das ein markanter Anstieg gegenüber dem Vorjahr und bestätigt damit einen langjährigen Trend. Seit Jahren steigt die Anzahl Vorstösse im Parlament kontinuierlich an – inklusive grossem Ausreisser nach oben während der Coronapandemie. Vor zehn Jahren wurden beinahe 1000 Geschäfte weniger von Parlamentarierinnen und Parlamentarier eingebracht.
Etwas böse formuliert beschäftigt sich das Parlament dadurch vor allem selbst: Damit die grosse Vorstossflut abgearbeitet werden kann, ist auch in diesem Jahr wieder eine Sondersession vorgesehen. An drei Tagen traben die Mitglieder der grossen Kammer zusätzlich in Bern an, um der selbst auferlegten Arbeitslast Herr zu werden.
Die Ständerätinnen und Ständeräte haben in diesen Tagen frei. Das hat damit zu tun, dass die Vorstösse immer (zuerst) in diesem Rat behandelt werden, indem sie eingereicht werden. Im Nationalrat sitzen 200 Personen, im Ständerat 46. Entsprechend ist die quantitative Geschäftslast für Nationalräte und Nationalrätinnen höher.
Nationalrat wollte Kontingente
Unter all den Vorstössen hat es auch immer wieder solche, die sich mit der Vorstossflut befassen. Auch die Staatspolitische Kommission des Ständerats hat sich diese Woche mit einem solchen befasst. Thomas Matter (SVP/ZH) hatte gefordert, dass jedes Mitglied des Nationalrats maximal 32 parlamentarische Initiativen und Vorstösse pro Legislatur einreichen kann. Im Nationalrat selbst hatte er dafür noch eine hauchdünne Mehrheit gefunden: mit 96 zu 95 Stimmen.
Davon will die Kommission des Ständerats nun aber nix wissen. Sie befürchtet sogar, dass sie «kontraproduktive Anreize schaffen» könnte. Das darum, da heute der Grossteil aller Nationalräte und Ständerätinnen «viel weniger als 32 Vorstösse pro Legislaturperiode» einreicht. Auch sollen die parlamentarischen Rechte nicht eingeschränkt werden, wie die Kommission ihre Ablehnung begründet. Definitiv entschieden wird voraussichtlich an der Frühlingssession.
Ebenfalls keine Mehrheit fand im letzten Jahr eine Idee von Marcel Dobler (FDP/SG). Er wollte, dass die Parlamentsdienste bei allen gewählten Räten einmal pro Legislatur eine «Erfolgsbilanz» ausweisen. Also wie viele der eingereichten Vorstösse eine Mehrheit gefunden haben.
Dabei argumentieren die Kritiker immer mit den Kosten, die solche Vorstösse auslösen. 2007 wurden diese für Motionen, Postulate und Interpellationen mit durchschnittlich 6120 Franken ausgewiesen. Nicht eingerechnet dabei sind die sogenannten Fragen für die Fragestunde im Nationalrat. Diese dürften in der Regel deutlich günstiger sein – und machen gleichzeitig den Grossteil aller eingereichten Vorstösse aus.
Das berühmte Bündnerfleisch
Immer am zweiten und dritten Montag jeder Sessionswoche müssen die Bundesräte zur Beantwortung antraben. Dabei variieren die Fragen zwischen von sehr grundsätzlichen bis zu sehr spezifischen Anliegen. Am berühmtesten wurde wohl die Antwort von Hans-Rudolf Merz und seinem «Bü-Bü-Bünderfleisch». Diese Fragestunden sind oft auch ein bisschen eine Pflichtübung. Oder wie es Merz bei seiner berühmten Antwort sagte: «Ich bitte Sie um Verzeihung, wenn ich bisweilen einfach nicht verstanden habe, was ich Ihnen vorgelesen habe.»
Eine Einschränkung gegen die Vorstossflut ist aber auf Kurs. Im Dezember hat der Nationalrat entschieden, dass er sein Reglement so anpassen will, dass künftig während der Sondersessionen keine Vorstösse eingereicht werden dürfen (Parlamentarierinnen und Parlamentarier können nur während der Sessionen Geschäfte einreichen). Bis das definitiv ist, dauert es aber mindestens bis im März.
Ob die neuen Regeln bereits für die kommende Sondersession im Mai gelten, sei darum eher fraglich, heisst es auf Anfrage bei der Kommission.