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Weil die Armee den Ausgänger abschafft, weinen Wachtmeister im ganzen Land bittere Tränen

Hilfe, der Krawatten-Notstand kommt! Die Abschaffung des Ausgangsanzugs des Schweizer Militärs führt ins modetechnische Desaster. Ein Jammerruf zum Start der Winter-RS.

Grau ist im Militär seit Anfang Woche nur noch der Alltag. Denn die Armeeführung hat beschlossen, auf diese Winter-RS hin die legendäre Ausgangsuniform, das Tenü A, für Rekruten abzuschaffen. Künftig werden nur noch die hohen Offiziere in den Genuss eines staatlich finanzierten Anzugs kommen. Der einfache Rekrut dagegen schwitzt, säuft und repräsentiert dagegen im gleichen grünen Kampfanzug.

Neben den olfaktorischen Herausforderungen, die sich die Armeeführung mit dieser Entscheidung eingebrockt hat, muss man dabei auch das Gute sehen. Im Ausgang etwa dürfte die grüne Uniform für mehr anzügliche Blicke in Richtung Rekruten sorgen. Schliesslich gibts in den Bars und Clubs dieses Landes schon genügend graue Anzugträger –durchtrainierte harte Männerim Rambo-Outfit dagegen weniger. Ausserdem gilt: Wenn die Rekruten nach dem Ausgang sturzbetrunken in die Kaserne zurücktorkeln, können sie sich nun farbtongerecht ins Gebüsch flüchten, wenn der Kadi einmal vor dem Eingangstor steht und eine Überraschungskontrolle macht.

Investitionen in Socken und Unterhosen dringend nötig

Und selbst am nächsten Morgen hat man als Rekrut nur Vorteile: Statt dass man von Schwindel und Kopfweh geplagt überlegen muss, wie man den vom Bierabend zerknitterten Anzug ohne Bügeleisen wieder einigermassen präsentabel hinbekommt (nein, den schwersten Kameraden zu bitten, sich auf den Anzug draufzulegen, funktioniert nicht, wir habens ausprobiert), schlüpft man zukünftig einfach in den Kämpfer zurück.

Mit der künftigen Ausgehuniform können sich Rekruten besser vor dem strengen Blick des Kaders verstecken.
Bild: Ueli Liechti / VBS

Dass dieser aussieht, als käme man direkt vom Schlachtfeld, ist in dem Zusammenhang sogar etwas Gutes. So klopft der Kommandant seinen Offizieren kräftig auf die Schultern, wenn er meint, die müden Augen und verkratzten Tarnanzüge der Rekruten seien das Resultat der brutalen Nachtübung im Feld. Etwas weniger Freude haben dürften nur die Rekrutenmütter, die künftig am Wochenende auch noch das Tenü B durchschrubben müssen.

Vielleicht kann die Armeeführung denen für den Zusatzaufwand einen finanziellen Zustupf genehmigen – oder wenigstens ein paar zusätzliche Tafeln Militärschoggi. Bei rund 55 Millionen Franken Einsparung, welche die Abschaffung des Tenü A angeblich bringen soll, wäre das das Mindeste. Möglicherweise kann man von dem Geld aber auch endlich allen Armeeangehörigen ein paar frische Socken und Unterhosen spendieren. Laut«Blick»-Schlagzeile von letztem Septemberwar das Budget letztens nämlich so knapp, dass es nicht einmal mehr dafür reichte. Wir wollen uns gar nicht vorstellen, mit welchen Tricks und Kniffen unsere Soldaten die Zeit bis zur Neueinkleidung überdauern.

Unteroffiziere im ganzen Land versinken in bitterer Trauer

Tenü-A-Träger, abtreten! Künftig zahlt Vater Staat nur noch hohen Offizierinnen und Offizieren einen Anzug.
Bild: Gaetan Bally / KEYSTONE

In diesen schwierigen Zeiten muss man aber auch an jene denken, die wegen der Abschaffung des Ausgängers am meisten leiden: Nämlich an die Wachtmeister der Schweizer Armee. Nie mehr können Rekruten gehänselt werden mit den vielen Regeln, welche den Ausgangsanzug begleiteten. Kommt das Beret auf die linke oder rechte Schulter? Ist das Namensschild ganz genau waagrecht ausgerichtet? Und am allerwichtigsten: Trägt auch wirklich die ganze Truppe unter jedem Schuh einen reflektierenden Leuchtstreifen?

Die vielen Strafaufgaben, die wegen Nichteinhaltung dieser Vorschriften verhängt wurden und die jetzt wegfallen, dürften die Armee am Ende Millionen kosten. Und viele Wachtmeister die einzige Freude, die sie am Samstagmorgen beim Abtritt der Rekruten ins Wochenende noch hatten.

Noch gravierender ist allerdings die Folge für den Auftritt von jungen Schweizer Männern. Künftig lernt nicht mehr jeder Jugendliche, wie man eine Krawatte bindet. Die Armeeführung spart damit eine der wenigen militärischen Fertigkeiten weg, die einem auch im zivilen Leben etwas gebracht haben. Nota bene just im Jahr, in dem das Armeebudget um eine halbe Milliarde Budget erhöht wurde. Durchgedacht ist das nicht. Es ist deshalb nur eine Frage der Zeit, bis der Bundesrat – selbstverschuldet – den nächsten Notstand wird ausrufen müssen: Den Stil-Notstand der Schweizer Jugend!