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Franjo von Allmen, Superstar: Die Leichtigkeit des Siegens

Franjo von Allmen sichert sich den Sieg im Super-G am Lauberhorn vor Vincent Kriechmayr. Mit Stefan Rogentin auf Platz drei steht ein weiterer Schweizer auf dem Podest. Odermatt kann noch nicht vollends überzeugen, er belegt den Schlussrang sieben.

Er lächelt. Und das schon seit Tagen. Franjo von Allmen ist der Spass an der Arbeit in Wengen bei Schritt und Tritt anzusehen. Egal, ob für ein Selfie mit einem weiblichen Fan nach dem Abfahrtstraining. Egal, wie skurril die Fragen am Medientermin vor dem Rennen auch sein mögen. Egal, wer ihm in der Lobby des Schweizer Teamhotels gerade begegnet. Der 23-jährige Simmentaler quittiert es mit einem breiten Grinsen. Das schalkhafte Gesicht verströmt pure Lebensfreude.

Mit Lockerheit anstatt Druck reagiert der gelernte Zimmermann, der früh seinen Vater verlor, selbst auf maximale Herausforderungen. Nie zuvor in der noch jungen Weltcup-Karriere waren die Erwartungen von aussen höher als diesen Freitag am Lauberhorn. In zwei seiner drei letzten Rennen stand er auf dem Podest. Die Form stimmt, die Kulisse in Innerwengen auch. Knapp 30’000 Fans verfolgen den Super-G am Kultberg. Und alle trauen sie ihm den Sieg zu.

Von Allmen scheint beinahe jeden und jede auf der Tribüne zu kennen. Die Schule aus Boltigen macht Praxisunterricht am Berg und empfängt den berühmtesten Sohn der Gemeinde im Ziel wie einen Popstar. Er fährt mit Startnummer 3 Bestzeit, winkt ausgiebig ins Publikum und lacht.

Das nun folgende Prozedere kennt er von Gröden und Bormio. Mit früher Nummer und bester Zeit nimmt er Platz in der Loge des Führenden. Bei den zwei Abfahrten in Italien musste er die Leaderbox nach Minuten der Hoffnung für Marco Odermatt respektive Alexis Monney räumen. Nun klappt es mit dem ersten Sieg der Karriere. Bei seinem erst zehnten Super-G im Weltcup. Und das ausgerechnet zu Hause im Berner Oberland. Als erster Einheimischer am Lauberhorn seit Bruno Kernen vor 22 Jahren.

Rogentin wischt Sturzfolgen weg, Odermatt verpasst Kernen-S

Zittern muss Von Allmen nur einmal so richtig, als der Österreicher Vincent Kriechmayr im letzten Streckenabschnitt mächtig Zeit aufholt und bis auf eine Zehntelsekunde an «den Mann mit der perfekten Körperstatur für einen Speedfahrer» (Zitat von Christoph Innerhofer) herankommt. Alle anderen Konkurrenten verlieren eine halbe Sekunde und mehr. Dass mit Stefan Rogentin ein zweiter Schweizer aufs Podest fährt, macht von Allmens Freude nur noch schöner. Und vor Rogentins Leistung nach dessen schmerzhaftem Sturz im ersten Abfahrtstraining zieht der Sieger den Hut.

Ja, der Simmentaler ist körperlich tatsächlich eine «Maschine». Und von der ihm nachgesagten erhöhten Sturzgefahr aufgrund seiner riskanten Fahrweise ist in Wengen wie schon in Bormio nichts zu sehen. Er fährt technisch hervorragend und steht dabei sehr stabil auf den Ski.

Die eine oder andere Schrecksekunde aufgrund der schnell holpriger werdenden Piste erlebt der zweite Schweizer Superstar, wenn es nach dem Lärmpegel der kreischenden Fans geht. Marco Odermatt erwischt ausgerechnet das Kernen-S nicht ideal und hat auch im technischen Zwischenteil Mühe, den idealen Kurvenradius zu finden.

Natürlich findet «Odi» bei deutlichen Plusgraden nicht die gleich perfekten Pistenverhältnisse vor wie der früher gestartete von Allmen. Aber er sagt, er hätte aufgrund seiner Fehler auch mit einer tiefen Nummer nicht gewonnen.

Muss man sich angesichts von Odermatts Resultatentwicklung im Super-G – die Plätze 1, 3, 5 und nun 7 – etwa sogar Sorgen machen? Auf keinen Fall. Zum einen sagt der Weltcupführende selbst, «meine Leistung ist weit weg von einer Katastrophe». Zum andern hat Odermatt bislang stets auf eine schwächere Fahrt reagieren können.

Wie geht von Allmen mit den neuen Erwartungen um?

Das Raunen im Publikum, als Marco Odermatt mit mehr als einer Sekunde Rückstand auf Franjo von Allmen über den Zielstrich fährt, zeigt aber auf, welche Erwartungshaltung jedes Rennen des Schweizer Skistars inzwischen begleitet. Für die Fans ist nur das Podium gut genug, wird sein Sieg erwartet. Auch Marco Odermatt konnte bislang in seiner herausragenden Karriere gut mit diesem Wahnsinnsdruck umgehen. Wie aktuell Franjo von Allmen lebt er von seiner Coolness und Lockerheit. Und trotzdem hat man in diesem Winter irgendwo den Hauch eines Gefühls, als wären Odermatts eigenen Erwartungen hie und da auch eine Art Belastung.

Im Hinblick auf die Abfahrt vom Samstag muss jetzt auch Franjo von Allmen als neu gekürter Siegfahrer mit noch nie dagewesenen Erwartungen umgehen lernen. Er steht in seiner Karriere derzeit dort, wo Marco Odermatt vor vier Jahren war. Und er macht beim Interviewmarathon in Wengen nicht den Eindruck, als werde er mit diesem Druck nicht fertig.

Der 23-Jährige bleibt auch im Moment seines bislang grössten Erfolgs der bis ins Mark geerdete Sportler und sagt mit der nötigen Überzeugung: «Es gibt Kraft, wenn man spürt, dass das Berner Oberland hinter mir steht. Es spricht eigentlich nichts dagegen, wieso ein solches Resultat nicht auch in der Abfahrt möglich ist. Aber daran werde ich nicht denken. Wichtig für mich bleibt, mich auf das solide Skifahren zu konzentrieren und die eigenen Erwartungen tief zu halten. Ich glaube, dass mir dies gelingen wird.» Franjo von Allmen sagt auf Wiedersehen und lächelt dabei.

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