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Abfahrt in Kitzbühel: Odermatts Traum platzt – und Monney ist trotz Rang zwei frustriert

Alexis Monney fühlt sich schon fast als Sieger, dann raubt ihm ein Kanadier den Traum. Ein anderer Schweizer kämpft mit einer Drohne. Und Marco Odermatt hadert trotz Rang sechs nicht mit dem Resultat.

Marco Odermatt muss mindestens ein Jahr länger warten, bis sich sein letzter grosser Traum als Skifahrer erfüllt. Die Abfahrt in Kitzbühel, die er so sehr gewinnen will, beendete der Nidwaldner auf Rang sechs. Aber statt selbst zu hadern, litt er mit einem Teamkollegen mit. Odermatt sagt: «Ich habe gespürt, dass ich das Limit nicht erreichen werde. Aber wenn du so nahe am Sieg bist wie Alexis, ist es sehr bitter, noch überholt zu werden.»

Sämtlichen Favoriten hatte Alexis Monney aus der Leaderbox zugeschaut, ohne sie verlassen zu müssen. Seine Fahrt mit Startnummer vier erweis sich als zu gut. Zu gut auch für Marco Odermatt, Franjo von Allem und wie sie alle heissen. Doch dann kam James Crawford – und fuhr noch schneller als der junge Schweizer. «Obwohl ich mich über Rang zwei freue, ist das schon etwas frustrierend», gestand Monney. «Als die besten Abfahrer im Ziel waren, habe innerlich bereits ein bisschen mit dem Sieg gerechnet.»

Abseits der Piste hat es Monney lieber ruhig

Man muss nicht lange suchen, wo Monney die acht Hundertstelsekunden verloren hat, die ihm am Ende zum Abfahrtssieg in Kitzbühel gefehlt haben. Das Flachstück, jene Passage, die auf der Streif ausnahmsweise etwas Ruhe zulässt, durchfuhr er nur mit der 43. schnellsten Zeit. Auf Sieger Crawford verlor er in diesem Abschnitt 23 Hundertstelsekunden.

Dass Monney im Flachen nicht zu den Schnellsten gehört, hat einen Hintergrund: Der 25-Jährige ist als Skifahrer am liebesten dort unterwegs, wo anderen der Puls bis zum Hals schlägt. Wenn es so richtig eisig ist und die Ski von den Schlägen flattern, fühlt sich der Freiburger pudelwohl. «Schon als Kind wollte ich immer nur Abfahrer werden», sagt er heute.

In Bormio gewann Monney kurz vor dem Jahreswechsel die Abfahrt und damit sein erstes Weltcuprennen. Die Piste Stelvio gilt als fast ebenso schwierig wie die Streif. Dieses Draufgängertum auf den Ski steht im krassen Kontrast zu seinem sonstigen Wesen. Monney gilt als Ruhepol im Schweizer Speedteam.Den Rummel möge er nicht wirklich, erzählte er zuletzt in Wengen: «Aber ich werde mich wohl daran gewöhnen müssen.»

Nur James Crawford (Mitte) war schneller als Alexis Monney. Auf Rang drei fuhr Cameron Alexander (rechts).
Bild: Tobias Steinmaurer / APA/APA

Im Sommer verbringt Monney seine Zeit am liebsten allein an einem See. Das Fischen ist seine Leidenschaft. Er möge die Ruhe, sagt er. Nur ist es ein aussichtsloses Unterfangen, diese in Kitzbühel zu finden. Nirgendwo sonst kommen mehr Menschen an ein Skirennen. Nirgendwo sonst ist der Trubel grösser. Auch in der Nacht. «Ohne Ohrenstöpsel schläfst du hier nicht», sagt Odermatt. Das Schweizer Hotel befindet sich unweit der Strecke.

Odermatt weint am Abend vor der Abfahrt

Am Schlaf hat es aber nicht gelegen, dass Odermatt den ersehnten Sieg deutlich verpasste. Es fehlte die Spannung.«Der Sieg im Super-G am Freitag war sehr emotional», sagt er.An der Siegerehrung schossen dem Nidwaldner die Tränen in die Augen. Zum ersten Mal erhielt er eine goldene Gams als Kitzbühelsieger. «Vielleicht», sagt er, habe das alles zu einem Spannungsabfall geführt. «Und dann kamen noch die Stürze dazu.»

Marco Odermatt gelang es nicht, ans Limit zu gehen. Hier springt er über den Hausberg.
Bild:Johann Groder / APA

14 Fahrer stürzten am Freitag, zwei mussten mit dem Helikopter ins Spital geflogen werden. Das ging an Odermatt nicht spurlos vorbei. «Ich habe in der Abfahrt nicht 100 Prozent riskiert. Es hat sich alles sehr einfach angefühlt. Aber das ist nicht immer gut. Hier muss man ans Limit, um zu gewinnen», sagt er. Zwar habe er im Ziel gedacht, vielleicht reiche es ja für einen Podestplatz. «Aber dass der Sieg nicht drinliegen wird, war mir klar.»

Den dritten Podestplatz schnappte sich schliesslich Cameron Alexander. Nachdem in den ersten vier Abfahrern jeweils zwei Schweizer auf dem Podest gestanden waren, kamen in Kitzbühel zwei Kanadier zur Ehre, gemeinsam zu jubeln. Für Sieger James Crawford, den alle nur Jack nennen, weil seiner Schwester dieser Name als Kind besser gefiel, war es der erste Weltcupsieg. Aber nicht der erste Grosserfolg: An der WM in Courchevel gewann der heute 27-Jährige vor zwei Jahren den Super-G.

Rogentins Kampf mit der Drohne

Das Schweizer Teamergebnis lässt sich trotz der leisen Enttäuschung, dass es dieses Mal nicht zum Sieg gereicht hat, sehen. Neben Monney und Odermatt klassierten sich auch Franjo von Allmen (Rang neun) und Justin Murisier (Rang elf) weit vorne in der Rangliste. Stefan Rogentin, der am Freitag grippegeschwächt Dritter des Super-G wurde, fehlten die Kräfte.

Der 30-Jährige sorgte trotzdem für Aufsehen. Als Rogentin die Abfahrt mit Startnummer eins eröffnen sollte, flog eine Drohne nahe an sein Gesicht. «Ausgerechnet im Moment, in dem du dich voll fokussieren musst, hörst du dieses blöde Surren. Das stört enorm bei der Konzentration», sagt der Bündner. Nach dem zweiten Abfahrtstraining habe er sich darum bei den Verantwortlich beschwert. Geändert wurde für das Rennen aber nichts.

Also wurde Rogentin selbst tätigt. Mit seinem Skistock schlug er leicht auf die Drohne und diese machte sich aus dem Staub. «Wenn eine Drohne im Rennen hinter einem herfliegt, hört man sie nicht. Entsprechend stört es auch nicht. Aber im Starthaus fühlte ich mich durch die Drohne belästigt.»

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