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«Ich habe meine Passion im Wald gefunden»

Im Zofinger Wald kommt es zu einem Generationenwechsel. Der langjährige Förster und stellvertretende ­Betriebsleiter des Forstbetriebs Region Zofingen, Daniel Gautschi, tritt Ende Monat in den vorzeitigen Ruhestand.

«Im Moment kommt es mir noch ein wenig komisch vor», sagt Daniel Gautschi. Sein gesamtes Berufsleben, insgesamt 46 Jahre, war der Förster und stellvertretende Betriebsleiter des Forstbetriebs Region Zofingen im und für den Wald tätig. Als verantwortlichen Förster für den Betriebsteil Ost wird man Gautschi bald nicht mehr in den Zofinger, Strengelbacher und Vordemwalder Wäldern antreffen. Der 63-Jährige hat sich entschieden, Ende Januar in den vorzeitigen Ruhestand zu treten.

«Der Wald wird aber im Mittelpunkt meines Lebens bleiben», sagt er. Als Kursleiter beim nationalen Verband «WaldSchweiz» hat sich Gau­tschi für die forstliche Aus- und Weiterbildung einer ganzen Generation von Branchenkolleginnen und Branchenkollegen eingesetzt. Im Kurswesen wird er weiterhin tätig bleiben.

Eine weitere Leidenschaft von Gautschi sind die Holzhauerei-Wettkämpfe. Dort war er während mehr als vier Jahrzehnten auf höchstem Wettkampf-­Niveau tätig und konnte als ­Mitglied des «Swiss Teams» bei kantonalen, nationalen und internationalen Wettkämpfen zahlreiche Titel und Medaillen gewinnen. Neu wird Gautschi die Funktion als Teamchef der Schweizerischen Holzhauerei-­Nationalmannschaft übernehmen.

Im Wald die Passion ­gefunden

Der im Wynental aufgewachsene Gautschi absolvierte seine dreijährige Forstwart-Lehre beim Forstbetrieb Oberkulm. Der Weg in den Wald sei nicht zwingend vorgezeichnet gewesen, sagt Gautschi im Rückblick. Handwerkliche Berufe wie Mechaniker oder Metallbauschlosser habe er damals auch erkundet. «Das wären durchaus valable Alternativen gewesen – heute kann ich sagen, dass ich meine Passion im Wald gefunden habe», betont er.

Sein weiterer Berufsweg führte den Forstwart für sechs Jahre zum Forstbetrieb Gränichen, anschliessend absolvierte er die Förster-Ausbildung am Bildungszentrum Wald in Lyss. Nach Gesellenjahren bei der Eidgenössischen Forschungs­anstalt für Wald, Schnee und Landschaft in Birmenstorf und bei WaldSchweiz, dem Verband der Waldeigentümer in Solothurn, fand Gautschi 1991 seine Lebensstelle in Zofingen. Zuerst als Förster beim damaligen Forstbetrieb der Ortsbürgergemeinde Zofingen, seit dem 1. Januar 2000 als stellvertretender Betriebsleiter und Revierförster beim Forstbetrieb Region Zofingen.

Zusammen mit seinem Team hat Gautschi in den vergangenen Jahrzehnten sowohl die regionalen Wälder der Ortsbürgergemeinde Zofingen als auch die Entwicklung des Gemeindeverbands stark geprägt. Und in dieser Zeit viele Veränderungen in der Bewirtschaftung des Waldes miterlebt und mitgetragen.

An den Schweizer Meisterschaften 2023 der Holzhauer holte Daniel Gautschi (rechts) im Baumfällen die Bronzemedaille hinter Philipp Amstutz (Mitte) und Marco Siegrist. 
Bild: Carol Fuchs

Von der Motorsäge zum Vollernter

«In den vergangenen 46 Jahren hat sich in der Waldbearbeitung einiges verändert», sagt Gau­tschi. Kam früher bei der Holzerei ausschliesslich die Motor­säge zum Einsatz, so wird heute als Unterstützung mit dem Vollernter gearbeitet. «Alles andere wäre nicht wirtschaftlich», sagt der Zofinger Betriebsförster. Die Kehrseite: Der Einsatz der zwischen 24 und 30 Tonnen schweren Maschinen ist zwar effizient, bringt aber auch Probleme mit sich. «Bezüglich Bodenschutz – Stichwort Verdichtung der ­Böden – sind wir von der Einsatzplanung her vermehrt gefordert», sagt er. Idealerweise würden Eingriffe mit den schweren Maschinen in der kalten ­Jahreszeit erfolgen, insbesondere wenn die Böden gefroren ­seien. «Doch das ist in den vergangenen Wintern nur noch selten passiert», sagt Gautschi.

Klimawandel verändert den Wald

Womit eine nächste Problematik angesprochen ist. «Der Klimawandel hat dem Wald bestimmt zugesetzt», sagt der erfahrene Förster. Insbesondere die Fichten würden unter den höheren Temperaturen und den häufigeren Phasen von Trockenheit leiden und könnten längerfristig aus den Wäldern im Mittelland verschwinden. Er sei zwar kein Prophet, doch der Wald werde sich in Zukunft bestimmt verändern. «Tendenziell wird der Laubholzanteil in unseren Wäldern von momentan rund 23 Prozent ansteigen, im Gegenzug wird der Nadelholzanteil sinken», sagt Gautschi.

Auch die Buche – nach der Fichte der zweithäufigste Baum in Schweizer Wäldern – ist unter Druck. «Bei der Buche bin ich etwas optimistischer», sagt Gautschi weiter.

Gemäss einer Studie der Eidgenössischen Forschungs­anstalt für Wald, Schnee und Landschaft können sich Bäume im Lauf ihres Lebens nicht nur an gewisse neue Bedingungen anpassen, sondern diese «Er­innerung» an eine veränderte Umwelt sogar an die nächste Generation weitergeben. Dies nährt die Hoffnung, dass sich die neuen Generationen von einheimischen Baumarten in gewissem Mass auf den Klimawandel einstellen und so besser mit einem trockeneren und ­wärmeren Klima umgehen ­können.

Schweizer Holzproduktion ist wichtig

Schweizer Holz ist gefragt. Das dürfe man ruhig so sagen, sagt Gautschi. «Momentan nutzen wir im Mittelland den vollen Hiebsatz aus.» Einer der Nachfragetreiber – gerade auch im Forstbetrieb Region Zofingen – sei der beispiellose Energiehunger. Die Nachfrage nach Holzschnitzeln sei innerhalb von 20 Jahren von null auf 23 710 Kubikmeter Holzschnitzel angewachsen, sagt der scheidende Förster.

Überhaupt gelte es zu bemerken, dass die Holzbranche in der Schweiz ein bedeutender Wirtschaftsfaktor sei. Basierend auf Angaben von WaldSchweiz aus dem Jahr 2022 zählt die gesamte Holzbranche rund 100 000 Arbeitsstellen – davon werden allein in der Forstwirtschaft 6200 und in der Rohholzverarbeitung weitere 7500 Personen beschäftigt. Auch wenn man in der Schweiz ab und an die Tendenz habe, Produkte günstiger im Ausland einkaufen zu wollen. «Gerade unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit finde ich es wichtig, dass wo immer möglich auf Schweizer Holz zurückgegriffen wird», sagt Gau­tschi. Er sage das nicht aus dem Bauch heraus, denn er habe in mehreren Ländern Europas – unter anderem in Deutschland und in Russland – Einblicke in die Waldbewirtschaftung erhalten. «Wir müssen uns in der Schweiz in Sachen Nachhaltigkeit bestimmt nicht verstecken», sagt er.

Zur einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung gehörten auch die Naturvorranggebiete. «Zu Beginn war ich diesbezüglich eher skeptisch», gibt Gautschi unumwunden zu, aber heute sehe er das aus einer anderen Optik. «Gerade von der Biodiversität her ist es wichtig, dass es im Wald auch Gebiete gibt, in denen die natürlichen Prozesse ungestört ablaufen können», sagt er.

Möglichst allen Ansprüchen gerecht werden

Der Wald sei über die vergangenen Jahre hinweg zu einem vielfältigen Konstrukt geworden, das durch die vermehrte Freizeitnutzung teilweise auch Konfliktpotenzial biete. Für ihn als Förster habe es gegolten, möglichst allen Ansprüchen der Waldnutzer gerecht zu werden. «Spaziergänger, Jogger, Hundehalter, Biker, Spielgruppen, Jäger, Naturschützer, Forstbetrieb – Ansprüche und Interessen am und im Wald sind gewachsen», stellt Gautschi fest. Er würde von sich behaupten, dass er mit allen Beteiligten ein gutes Einvernehmen gepflegt habe.

«Mit seinem Wissen, seiner Erfahrung und seiner tatkräftigen Leidenschaft für die Pflege und Bewirtschaftung des Waldes wird uns Daniel Gautschi fehlen», hält Matthias Kläy, der Leiter des Forstbetriebs Region Zofingen, fest. Der Forstbetrieb wird sich organisatorisch neu aufstellen, das Leitungsteam um Matthias Kläy und Peter Gruber wird durch den künftigen Forstwart-Vorarbeiter Adrian Gobetti ergänzt und durch das ganze Team unterstützt.