Ueli Maurer spricht AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel Mut zu – doch auch andere Schweiz-Verbindungen geben zu reden
Zwanzig Tage vor der deutschen Bundestagswahl machen Verbindungen aus der Schweiz zur AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel Schlagzeilen. Dass die Wahl-Einsiedlerin bei ihrem Talk-Auftritt bei Caren Miosga am Sonntagabend gut sichtbar strahlend weisse Turnschuhe der Schweizer Edelmarke On trägt, ist dabei nur eine Schmonzette am Rande.
Vielmehr spaltet das Video-Grusswort von alt Bundesrat Ueli Maurer an der AfD-Wahlkampf-Veranstaltung in Neu-Isenburg aktuell die Kommentarspalten in den sozialen Medien: Kritiker sehen Maurers gute Wünsche an Weidel als weiteren Beleg für die Rechtsaussen-Sympathien des früheren SVP-Magistraten – was zum Fremdschämen sei. Maurers Verteidiger halten dagegen solche Reaktionen für eine von «Linken» und «Medien» aufgeblasenes SVP-Bashing. Es könne doch nichts Falsches daran sei, wenn der 74-Jährige über die Freiheit redet, heisst es etwa auf der Kurznachrichten-Plattform X.
Tatsache ist, dass er an der «Mega-Veranstaltung» am Samstag im hessischen Neu-Isenburg nach knapp zwei Stunden gegenüber dem AfD-Publikum als ehemaliger Schweizer Bundespräsident «Üli Maurer» eingeführt wurde und in einer knapp anderthalbminütigen Video-Grussbotschaft Alice Weidel für die bevorstehende Wahl «alles Gute» und «viel Mut» wünschte.
Ziel des Wahlkampfs, den man in der Schweiz «etwas verwundert, aber auch konsterniert» verfolge, müsse eine «Alternative» sein, um Extreme zu stoppen. Damit sind aber offenbar nicht extreme politische Positionen von Pol-Parteien wie der Alternative für Deutschland gemeint, sondern der Extremismus-Vorwurf an ebendiese. Das ist laut Maurer «gefährlich», weil es Europa und Deutschland auf die schiefe Ebene führen könne.
Stattdessen brauche es die «Orientierung nach der Freiheit», was auch stets Maurers «persönliche Motivation in der Politik in solchen Situationen» gewesen sei. Das AfD-Publikum bedankte sich für die Kurzansprache mit warmem Applaus und einzelnen Jubelzurufen.
«Hoi Alice und Grüezi mitenand! Aus der Schweiz schauen wir im Moment etwas verwundert, aber auch konsterniert nach Deutschland und beobachten die Wahlen. Da sollen offenbar liebe Freunde, die wir seit Jahren kennen und schätzen, plötzlich extrem geworden sein. Ich glaube, das ist gefährlich, weil die Situation dazu führt, dass Europa und Deutschland im Besonderen auf die schiefe Ebene gerät. Und auf der schiefen Ebene gerät man leicht ins Rutschen. Das ist gefährlich.
Da braucht es Alternativen, um das zu stoppen. Meine persönliche Motivation in der Politik war in solchen Situationen immer meine Orientierung nach der Freiheit – nach der Redefreiheit, der Meinungsfreiheit, der Pressefreiheit, all diese Freiheiten zu bewahren.
Ich glaube, das muss auch das Ziel in diesem Wahlkampf sein. Ich wünsche dir dafür alles Gute. Vielleicht darf ich dir ein Zitat von Perikles mitgeben aus dem antiken Athen: Er hat einmal gesagt, das Geheimnis des Glücks ist die Freiheit. Das Geheimnis der Freiheit aber ist der Mut. Das wünsche ich dir. Alles Gute. Adie mitenand!»
Brandneu sind Maurers Sätze allerdings nicht, sondern vielmehr die komprimierte Fassung eines Leitartikels in der rechtskonservativen «Schweizerzeit» vom 20. Dezember, welches danach auch als Inserat in der NZZ erschien. Sogar das Zitat aus der Totenrede des Perikles – «das Geheimnis des Glücks ist die Freiheit. Das Geheimnis der Freiheit aber ist der Mut» – fand vor dem AfD-Publikum am Samstag Wiederverwendung. Im besagten Artikel beklagte sich Maurer darüber, dass im politischen Diskurs viel zu schnell die «Rassismus-Keule geschwungen» und der «Nazi-Vergleich angestellt» werde.
Alice Weidel im Kreuzfeuer
Womit auch wieder der Kreis zum Auftritt von Alice Weidel im Sonntagabend-Talk der ARD geschlossen wird. Dort wird sie von Moderatorin Caren Miosga festgenagelt, weshalb sie die Augen verdrehe, wenn sie zum Holocaust-Gedenktag und ihren persönlichen Lehren aus Auschwitz befragt werde. Die «Holocaust-Anheftung» an die AfD finde sie «nervtötend», befindet Weidel schliesslich, was die FAZ zu einem kritischen Artikel mitdem Titel «Augenrollen zu Auschwitz» verleitet.
Damit nicht genug. Am Montag berichtet dieARD exklusivüber die höchste Parteispende, welche die AfD je von einem Privatmann erhalten habe. Rund 2,35 Millionen Euro sind in die Parteikasse für eine Plakatkampagne geflossen – finanziert ausgerechnet von einem FPÖ-Politiker aus Vorarlberg. Auch hier gibt es Verbindungen in die Schweiz: Gegenüber der ARD bestätigt Alexander Segert, der Chef der SVP-nahen Werbeagentur Goal AG in Dübendorf, von demselben FPÖ-Politiker angefragt worden zu sein, eine Wahlkampagne für ihn zu entwerfen.
Segert habe aber abgelehnt, weil er «nicht mehr» im Ausland tätig sei, sagt er zur ARD. Der in Deutschland geborene Werbeprofi, der regelmässig für die SVP umstrittene Plakatkampagnen entworfen hat,stand bereits mehrmals im Verdacht, die AfD direkt oder indirekt von der Schweiz aus zu unterstützen. Seine Goal AG hat in der Vergangenheit aber eine solche Verbindung dementiert.