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Der Nutella-Erfinder ist tot – lang lebe Nutella!
Wenn Sie nach langer Zeit wieder auf die Erde zurückkehren würden – so eine Auszeit von der Erde wäre manchmal ja ganz schön – oder aus dem Koma erwachen würden, woran würden Sie erkennen, welcher Wochentag gerade ist? Sie würden es bestimmt – noch bevor es Ihnen jemand sagen kann – am Nutella-Glas auf dem Tisch sehen. Steht es da, ist Sonntag. Kleben an den Stuhllehnen noch braune klebrige Reste, ist Montag. Wobei alle anderen Tage ausser Sonntag eigentlich eh keine Rolle spielen; Glück gleich schon zum Frühstück gibt es in den meisten Familien nur sonntags. In Form von Nutella. Dieser Masse, in der sich, wenn man ins Brot gebissen hat, schön wie in keiner anderen die Zähne abzeichnen.
Wohl machen auch noch ein Gipfeli, Zopf oder Honig den Sonntag zum Sonntag. Aber das sagen nur Erwachsene. Für Kinder ist Nutella Sonntag. Oder zumindest Ferien – also dann, wenn Nutella auf dem Hotelbuffet zu haben ist oder die Gotte den Einkauf für alle getätigt hat. Nutella markiert besondere Tage.
Dafür soll der Aufstrich auch mal gewürdigt werden. Statt dass die Eltern immer mit den 53 g Zucker (auf 100 g) kommen. Oder dass für das darin enthaltene Palmöl ganze Plantagen abgeholzt werden müssten. Oder dass da – im Fall! – fast gar keine Schokolade drin sei. Dann streichen die Erwachsenen Honig auf ihr Brot und finden das besser. Weil der natürlich sei, Mineralien enthalte, Vitamine, bla, bla, bla. Und 82 g purer Zucker. Im Fall.
Idealer Anschauungsunterricht zum Thema Gesundheit
Dabei funktioniert Nutella am Familientisch durchaus positiv. Der italienische Chemiker Francesco Rivella, der nun am 14. Februar gestorben ist, hat indirekt viel zur Gesundheitserziehung der Kinder beigetragen. In den 1950er-Jahren begann er bei Ferrero, an dem Brotaufstrich mit Nüssen herumzutüfteln. 1964 kam das erste Glas auf den Markt, und seither steht es auf dem Familientisch und regt zu Lehrgesprächen über Zucker, Fette und Vitamine an.
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Bild: Verbraucherzentrale Hamburg
Als Eltern zeigt man den Kindern gerne ein Bild der Auslegeordnung von Nutella, also das Glas, halb mit Zucker gefüllt, zu einem guten Teil mit Fett, etwas Haselnüssen und einem Streifen Kakaopulver.
An diesem Glas trainieren die Kinder auch ihre innere Beherrschung: Hat nicht das Mami gesagt, viel Nutella sei ungesund? Oder soll ich jetzt mal ausprobieren, wie viel von der Masse auf ein Stück Brot geht?
Die Frage lautet nun mal: Wie süss darf der Sonntag schmecken? Und wie sehr darf man sich einmal pro Woche gehen lassen? Das «Kägi fret» für den Sonntagsspaziergang enthält zum Beispiel nur 38 g Zucker. Dafür «es bitz» mehr Fett. Auch Palmöl übrigens, aber «nachhaltig; zertifiziert» steht da, und der Kakao sei beim «Kägi fret» von der «Rainforest Alliance» zertifiziert. Na dann.
Die harten Fakten sprechen sowieso für beide, fürs «Kägi fret» und für Nutella. Eugen Kägi ist am 13. Februar ebenfalls verstorben, mit 96 Jahren. Francesco Rivella ist 97 Jahre alt geworden. Her mit dem Zeugs!