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Endlich wieder «eine Welt für zwei»: So reagieren russische Medien auf das Treffen in Riad
Noch waren die Gespräche in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad im Gange, da überschlugen sich bereits die russischen Medien mit ihren Schlagzeilen. «Eine Welt für zwei. Washington und Moskau einigen sich zur Ukraine-Frage ohne Kiew und ohne Brüssel», titelte die einflussreiche Tageszeitung «Kommersant». Die konkreten Ergebnisse des vierstündigen Gesprächs zwischen den Aussenministern Marco Rubio und Sergej Lawrow würden eine derartige Schlagzeile kaum rechtfertigen, doch der angeschlagene Ton zog sich am Dienstag wie ein roter Faden durch die russische Medienlandschaft.
Endlich steht der Kreml wieder auf Augenhöhe mit der Supermacht USA. Die internationale Isolation ist durchbrochen. Das ist die klare Hauptbotschaft ans Heimpublikum des grossen Journalisten-Trosses, den der russische Aussenminister mit nach Saudi-Arabien brachte. Zweifellos soll Wladimir Putins grösster diplomatischer Sieg seit dem Überfall auf die Ukraine in Russland restlos ausgeschöpft werden. Die Frage des Friedensschlusses in der Ukraine gerät da zur Nebensache.
«Nach mehreren Jahren ohne Dialog werden sich Vertreter aus Moskau und Washington an den Verhandlungstisch setzen», vermeldet zuvor der erste Kanal des russischen Staatsfernsehens. Den europäischen Sondergipfel vom Montag in Paris zieht Chefpropagandist Wladimir Solowjow dagegen als «Aufschrei der Verlierer» ins Lächerliche. Ohnehin sollten die Europäer am besten «für immer aus der Geschichte getilgt werden».
Die «Komsomolskaja Prawda» ist sich ebenso sicher: «Europa ist derzeit verhandlungsunfähig.» Mit Präsident Selenski werde nach Riad niemand mehr reden, die Ukraine bloss noch über die Ergebnisse der russisch-amerikanischen Gespräche aus Washington in Kenntnis gesetzt. Noch besser: Indem der neue beste Freund der Russen, US-Präsident Donald Trump, von «Bidens Krieg in der Ukraine» redet, stösst endlich auch in der Kriegsschuldfrage die von Moskau angestrebte Täter-Opfer-Umkehr international auf Akzeptanz.
Das machte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow im Gespräch mit Medienvertretern am Dienstag in Moskau deutlich: «Präsident Putin hat von Anfang an seine Bereitschaft zu Friedensverhandlungen erklärt; anders übrigens als viele andere Länder, insbesondere die Ukraine, die selber Friedensverhandlungen verboten hat; anders als die Europäer, die immer vom Krieg sprachen, von der Notwendigkeit, ihn fortzusetzen um jeden Preis; und anders als die frühere US-Regierung, die ebenfalls den Krieg bis zum letzten Ukrainer unterstützte.»
Damit bediente der Putin-Vertraute einmal mehr das Narrativ des von der Nato Russland aufgezwungenen Verteidigungskriegs, nicht ohne zu betonen: «Das Wichtigste für uns ist, unsere Ziele zu erreichen, und natürlich bevorzugen wir friedliche Mittel, um diese Ziele zu erreichen.» Diese umfassen insbesondere die Verteidigung der Gebietsgewinne in der Ukraine und das Verbot der ukrainischen Nato-Mitgliedschaft.
Dass Peskows «friedliche Mittel» weiterhin ein dehnbarer Begriff sind, zeigt die russische Luftoffensive, die im Vorfeld und am Tag der Riad-Gespräche unvermindert weiterging und gemessen an der Anzahl abgefeuerter Raketen, Drohnen und Gleitbomben in der vergangenen Woche sogar einen Jahreshöchstwert erreichte.
Hatte der russische Aussenminister Lawrow bereits vor seinem Treffen mit US-Amtskollege Marco Rubio sämtlichen Kompromissen in der Gebietsfrage eine Absage erteilt, wollte er am Dienstag auch nichts von dem von Rubio vorgeschlagenen Moratorium für Angriffe auf die Energieinfrastruktur wissen: «Wir haben erklärt, dass wir noch nie die Energieversorgung der Bevölkerung gefährdet haben. Unsere Ziele haben sich immer nur auf die Versorgungseinrichtungen der ukrainischen Streitkräfte beschränkt», durfte Lawrow in Riad unwidersprochen behaupten. Dabei wurden erst am Sonntag wieder in der ukrainischen Grossstadt Mykolajiw laut Behördenangaben durch russischen Beschuss eines Heizkraftwerks über 100’000 Menschen stundenlang von der Wärmeversorgung abgeschnitten.