
«Das ist eine Bombe» – «Totalversagen»: Politiker fordern nach Aufdecken von Ruag-Skandal personelle Konsequenzen
Ein mutmasslich korrupter Mitarbeiter, der jahrelang unbehelligt krumme Deals machen konnte, Chaos im Materiallager und die Entsorgung von Waren in Besitz des Bundes – ohne dass dieser selbst davon wusste: Bei der Ruag, Waffenschmiede des Bundes, ist in den vergangenen Jahren sehr vieles sehr schief gelaufen.Zu diesem Schluss kommen mehrere Untersuchungen der Eidgenössischen Finanzkontrolle.
Parlamentarierinnen und Parlamentarier zeigen sich entsetzt. «Das ist eine Bombe, die einschlägt», meint die Solothurner SP-Ständerätin Franziska Roth. Der Urner Ständerat Josef Dittli spricht von einem «Totalversagen». Was die Berichte zum Vorschein bringen, sei «schockierend». «Es handelt sich um Missstände, die wir in keiner Art und Weise tolerieren können.»
Ruag-Führungsriege muss im Parlament antraben
Der FDP-Politiker ist wie Roth Mitglied der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats und leitet die Gruppe, die eingesetzt worden ist, um das Ruag-Debakel politisch aufzuarbeiten. Die Ruag hat derweil wegen diverser mutmasslichen Delikte Strafanzeige eingereicht gegen den ehemaligen Mitarbeiter.

Bild: Keystone
«Kriminelle Energie lässt sich nicht verhindern. Die Frage ist aber, wie man damit umgeht», sagt Dittli. Und dies sei in diesem Fall «höchst problematisch». Dem pflichtet SVP-Sicherheitspolitiker Werner Salzmann bei. «Es ist unglaublich, dass jemand so lange das Vertrauen genoss, solche Geschäfte abzuwickeln – ohne jegliche Kontrolle», sagt der Berner Ständerat.
Von links bis rechts ist man sich einig: Das Debakel muss personelle Konsequenzen bei der Ruag haben. Die Verantwortlichen würden bei der nächsten GPK-Sitzung vorgeladen, kündigt Dittli an: «Der neue Verwaltungsratspräsident Jürg Rötheli ist zwar unbelastet. Er kann aber unmöglich mit dem gleichen Team weiterarbeiten.»
«Auch das VBS hat seine Aufgabe nicht wahrgenommen»
Die Geschäftsprüfer des Parlaments nehmen aber auch den Bund, namentlich das Verteidigungsdepartement (VBS) in die Verantwortung, das als Eigner die Aufsicht über die Ruag hat. «Die Ruag hat interne Probleme, aber auch das VBS als Eigner hat seine Aufgabe nicht wahrgenommen», sagt der Berner SVP-Ständerat Werner Salzmann.
Konkret hätte der Bund schneller und konsequenter hinschauen müssen, findet SP-Politikerin Franziska Roth. «Er hat zu lange zugewartet.» Klartext spricht auch Josef Dittli: «Das VBS trägt erhebliche Mitschuld und die Hauptverantwortung.»

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Salzmann betont aber auch, dass es unter anderem Verteidigungsministerin Viola Amherd war, die die Untersuchungen überhaupt angestossen hatte. Das müsse man ihr hoch anrechnen. «Sie musste damit rechnen, dass die Sache auf sie zurückfällt.»
Skandal wird ein Fall für Amherds Nachfolger
Die Finanzkontrolle hat mehrere Empfehlungen formuliert, damit sich ein solcher Skandal – beziehungsweise: solche Skandale – nicht wiederholen können. Man werde deren Umsetzung kontrollieren, sagt Werner Salzmann. Die Einsetzung einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) steht derzeit nicht zur Diskussion.
Die neue Unternehmensleitung müsse die Missstände so rasch wie möglich beheben und «die Empfehlungen der Finanzkontrolle unverzüglich umzusetzen, damit die Ruag unbelastet in die Zukunft gehen kann», sagt die Aargauer Ständerätin Marianne Binder aus der Mitte-Partei. Der Wille sei, so ihr Eindruck, da.
Die Aufarbeitung wird auch den neuen Verteidigungsminister beschäftigen, der am 12. März gewählt wird. Josef Dittli hat klare Erwartungen: «Der neue Chef des Verteidigungsdepartements muss das Heft in die Hand nehmen und die Compliance durchsetzen.»