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Bund krebst zurück: Schriftliche Abschlussprüfung soll für Lehrlinge nicht abgeschafft werden
Ein Fach steht bei jedem Lehrling auf dem Stundenplan, egal ob angehende Coiffeuse oder KV-Stift: der ABU, der Unterricht in Allgemeinbildung. Seit Jahren hirnen Bund, Kantone, Gewerkschaften und Arbeitgeber an einer Reform. Eine geplante Neuerung stösst dabei auf grossen Widerstand: die Abschaffung der schriftlichen Abschlussprüfung in diesem Fach. Stattdessen sollte es neu ergänzend zur Abschlussarbeit eine mündliche Prüfung geben.
Nun krebst der Bund zurück. Die schriftliche Prüfung soll nicht abgeschafft werden. Vielmehr soll jeder Kanton künftig selbst entscheiden können, ob man auf eine schriftliche oder mündliche Prüfung setzt. Das hat das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation am Freitag bekannt gegeben.
Auch der FDP-Präsident leistete Widerstand
Der Schritt erfolgt nach grossem Druck von Lehrpersonen und der Politik. Der Zürcher Verband der Lehrkräfte in der Berufsbildung argumentiert, dass es in Zeiten von künstlicher Intelligenz falsch sei, nur auf eine Arbeit zu setzen, bei der man sich nie ganz sicher sein kann, was wirklich selbst verfasst worden ist und was von Diensten wie ChatGPT. Es kam zu Petitionen und Vorstössen, selbst FDP-Präsident Thierry Burkart wehrte sich gegen die Abschaffung der schriftlichen Prüfung.
Indem man den Entscheid nun den Kantonen überlässt, greift der Bund einen Kompromiss auf, den die Bildungskommission des Ständerats gefordert hat. Noch ist der Entscheid nicht definitiv. Erst haben die involvierten Verbände die Gelegenheit, Stellung zu beziehen. Die neuen Regeln sollen 2026 in Kraft treten.
«Fürchte, dass Kampf von vorne losgeht»
Konrad Kuoni, Präsident des Zürcher Berufsschullehrerverbands, zeigt sich nur sehr verhalten erleichtert. Es sei mehr erreicht worden, als man anfänglich habe erwarten können. Doch: «Ich fürchte, dass der Kampf nun noch einmal von vorne losgeht – auf Stufe Kanton», sagt er.
Kuoni wirft dem Staatssekretariat vor, bei der Auswertung der Stellungnahmen von Verbänden, Kantonen und Parteien nicht sauber gearbeitet zu haben. Mehrere Organisationen wurden nicht zum Lager der Gegner der Abschaffung gezählt, obwohl sie explizit Vorbehalte oder Ablehnung geäussert hatten. Das SBFI wehrte sich öffentlich gegen diese Kritik. Es hält fest, dass sich eine Mehrheit der Partner für eine Abschaffung ausgesprochen habe. Trotzdem kommt es jetzt zur Kehrtwende.