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Neu darf der Autobahnpilot in der Schweiz das Steuer übernehmen – können sich Fahrerinnen und Fahrer jetzt zurücklehnen?

Auf der Autobahn kurz ein SMS anschauen? Das und weitere Stufen des automatisierten Fahrens sind ab dem 1. März in der Schweiz möglich. Dennoch warnen die Behörden: «Bitte lassen Sie die Hände am Steuerrad!»

In San Francisco, Tel Aviv und Shanghai sind bereits Robotaxis unterwegs. In Sitten (VS) läutete ein selbstfahrendes Postauto die Zukunft ein. Damals allerdings noch im Rahmen eines Pilotprojekts. Ab März ist das teilweise automatisierte Autofahren schweizweit möglich – zumindest theoretisch.

Was genau wird möglich?

Autolenkerinnen und -lenker dürfen den Autobahnpiloten auf Autobahnen einsetzen.

Führerlose Fahrzeuge, wie zum Beispiel die im Wallis getesteten Shuttlebusse, dürfen auf dafür freigegebenen Strecken verkehren.

Das automatisierte Parkieren ohne Passagiere wird möglich in dafür bestimmten Parkhäusern und Parkplätzen.

Welche Rolle spielen die Autolenkenden bei diesen Funktionen?

Beim autonomen Fahren spricht man in der Schweiz von sechs Stufen. Ein Auto ohne grundlegendste Software wie ein Tempomat ist auf der Stufe null. Das selbstständige Fahrzeug, wie man es aus Science-Fiction-Filmen kennt, befindet sich auf der höchsten Stufe fünf. Dort ist der Mensch gar nicht mehr ins Fahren involviert.

Der auf Stufe drei angesiedelte Autobahnpilot ermöglicht «bedingt automatisiertes Fahren», bei dem das Auto unter bestimmten Umständen selbstständig fahren kann. Der Mensch muss den Verkehr dann nicht mehr dauernd überwachen. Allerdings muss er aufmerksam bleiben, weil das System jederzeit an ihn zurückdelegieren kann. Kurz nach den Kindern zu sehen oder ein Blick auf das Handy zu werfen, liegt also drin – aufwendigere Dinge, wie eine gedruckte Zeitung zu lesen oder gar zu schlafen, bleiben hingegen unmöglich.

Beim automatisierten Parkieren und in den führerlosen Fahrzeugen, die beispielsweise als Shuttlebusse herumfahren, muss niemand mehr direkt hinter dem Lenkrad sitzen. In einem Kontrollzentrum beaufsichtigen Operatoren mehrere Fahrzeuge. Das ist die zweithöchste Stufe vier.

Wo werden die automatisierten Fahrzeuge eingesetzt?

Da sich die Systeme noch am Anfang der Entwicklung befinden und Autobahnpiloten erst einfache Verkehrssituationen selbstständig meistern können, geben die Behörden vorerst nur die Autobahnen frei. Dort hat die Software laut Patrizia Portmann vom Bundesamt für Strassen (Astra) Vorteile gegenüber dem Menschen, da sie viel harmonischer fährt und einen massiv kürzeren Bremsweg erreicht.

Die Shuttlebusse und das automatisierte Parkieren werden derweil auch auf Haupt- und Nebenstrassen eingesetzt. Für Privatpersonen werden sie interessant, wenn erste Anbieter einen Bestellservice anbieten, der den Linienfahrplan ersetzen oder ergänzen kann. Auch für Transport- und Logistikunternehmen wird das führerlose Fahren immer konkreter. In Bern läuft noch bis 2026 ein entsprechendes Pilotprojekt mit dem Transporteur Planzer.

Welche Fahrzeuge kommen infrage?

Autobahnpiloten gibt es in Deutschland bereits in Fahrzeugen der Marke Mercedes und BMW – es handelt sich dabei um die modernsten Autos in einer entsprechend hohen Preisklasse. Die Hersteller haben jetzt die nötigen Vorgaben, um ihre Fahrzeuge auch für die Schweiz zu programmieren und die Zulassung hier zu beantragen. Transportanbieter und Gemeinden können ausserdem gewisse Strecken zur Freigabe vorschlagen.

Wie das Astra mitteilt, hat in den zwei Monaten seit der Entscheidung über die neue Regulierung noch niemand einen solchen Antrag oder Vorschlag eingereicht.

Wer haftet im Falle eines Unfalls?

Neun von zehn Verkehrsunfällen sind nach wie vor auf menschliches Versagen zurückzuführen. Portmann hofft auf höhere Sicherheit durch automatisiertes Fahren, denn: «Das System wird nicht müde oder abgelenkt und es kann auch nicht betrunken fahren.»

Doch auch Roboter machen Fehler. Im Falle eines Unfalls gibt es drei Szenarien: Wenn der Autobahnpilot aktiviert war und eine Fehlentscheidung traf, haftet der Hersteller. Wenn der Autobahnpilot nicht aktiviert war oder der Grund menschliches Versagen war, haftet die Autofahrerin oder der Autofahrer. Wenn jedoch die Software des Fahrzeugs nicht auf dem neuesten Stand gehalten wurde, haftet der Autohalter oder die Autohalterin.