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Razzien in Belgien und Portugal: EU-Abgeordnete von chinesischem Unternehmen bestochen?

Bei Korruptionsermittlungen im Zusammenhang mit dem Europäischen Parlament sind mehrere Personen festgenommen worden. Das teilt die belgische Staatsanwaltschaft mit.

Medien berichten heute Donnerstag, der chinesische Technologiekonzern Huawei habe mutmasslich EU-Abgeordnete bestochen. Etwa 100 Bundespolizisten vollstreckten in der belgischen Hauptstadt Brüssel, in Flandern, Wallonien und in Portugal 21 Durchsuchungsbefehle, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte.

Die Verdächtigen würden im «Zusammenhang mit ihrer mutmasslichen Beteiligung an aktiver Korruption innerhalb des Europäischen Parlaments» sowie Urkundenfälschungen und der Nutzung von Fälschungen befragt. «Die Straftaten wurden mutmasslich von einer kriminellen Vereinigung begangen.»

Einer Recherche der Zeitung «Le Soir» und anderer Medien zufolge stehen Lobbyisten von Huawei im Verdacht, frühere und aktuelle Abgeordnete des EU-Parlaments bestochen zu haben, um die Geschäfte des Unternehmens in Europa zu fördern.

Kaum Informationen zu aktuellen Fällen

PR-Vertreter von Huawei in London reagierten nicht unmittelbar auf eine Bitte um Stellungnahme per E-Mail und waren telefonisch nicht zu erreichen. Auch Unternehmensvertreter in Brüssel hielten sich bedeckt. Das EU-Parlament teilte lediglich mit, es habe Kenntnis von den Informationen genommen. Das Parlament kooperiere stets vollständig mit den Justizbehörden.

Huawei, Hersteller von Mobiltelefonen und grösster Hersteller von Netzwerkausrüstung für Telefon- und Internetanbieter, ist in die Spannungen zwischen den USA und China über Technologie und Handel verwickelt. Einige europäische Länder sind dem Beispiel der USA gefolgt und haben Huawei vom Ausbau ihrer 5G-Netze ausgeschlossen oder dessen Beteiligung eingeschränkt.

Washington argumentiert, dass Huawei enge Verbindungen zur chinesischen Regierung habe und dass dessen Netzwerktechnologie potenziell für Spionagezwecke genutzt werden könnte. Kritiker befürchten, dass China durch gesetzliche Vorgaben Huawei zur Kooperation mit Geheimdiensten zwingen könnte. Das Unternehmen hat derartige Vorwürfe stets bestritten.

Korruption «von 2021 bis heute»

EU-Kommissionssprecher Thomas Regnier sagte, die Kommission habe keinen Kommentar zu den Ermittlungen. Er unterstrich aber Sicherheitsbedenken des Exekutivarms der EU mit Blick auf Huawei und 5G-Netze. «Die Sicherheit unserer 5G-Netzwerke ist offensichtlich entscheidend für unsere Wirtschaft.»

Die belgische Staatsanwaltschaft erwähnte Huawei nicht, sagte aber, sie glaube, dass es «von 2021 bis heute» Korruption in verschiedenen Formen gegeben habe – «beispielsweise durch Vergütungen für die Übernahme politischer Ämter oder übermässige Geschenke wie Verpflegungs- und Reisekosten oder regelmässige Einladungen zu Fussballspielen.» Die Staatsanwaltschaft nimmt an, dass Zahlungen als Geschäftsausgaben verschleiert worden sein könnten und in einigen Fällen an Drittparteien gegangen seien. Auch nach Beweisen für Geldwäsche werde gesucht.(dpa/AP)