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Bundesrat und Parlament wollen Grenzkontrollen verstärken – die Umsetzung ist noch unklar

Das Parlament will kriminelle Asylsuchende von Asylverfahren ausschliessen und ihren Bewegungsradius einschränken. Justizminister Beat Jans wurde nicht nur von rechts, sondern auch von einem Parteikollegen kritisiert.

Die Botschaft von Asylminister Beat Jans lautet: Ja, kriminelle Asylsuchende sind ein Problem. «Ich will, dass meine Töchter nach Hause spazieren können, ohne über die Schulter schauen zu müssen.» Darauf habe die Schweizer Bevölkerung ein Anrecht, sagte er diese Woche im Nationalrat.

Der SP-Bundesrat gibt aber auch zu verstehen, in der Schweiz sei die Lage unter Kontrolle. Er nennt jeweils eine Reihe an Massnahmen, die das Staatssekretariat für Migration bereits zugunsten von mehr Sicherheit ergriffen hat. Zudem verweist Jans auf Statistiken: Die Zahl der Asylgesuche und der hängigen Pendenzen sinkt, jene der Ausschaffungen steigt. Jans betont immer wieder, es bringe nichts, Vorstösse einzureichen, die praktisch nicht umsetzbar seien und der Verfassung widersprächen.

Die SVP, vermehrt auch die FDP und etwas weniger vermehrt auch die Mitte werfen ihm hingegen vor, die Situation kleinzureden. Und Kantone und Gemeinden warnen, sie wüssten kaum noch, wo sie die Asylsuchenden unterbringen sollten. Dazu kommt der Unmut über die überdurchschnittlich hohe Kriminalität von Personen aus dem Asylbereich. Der vorläufig aufgenommene Afghane, der in den Appenzeller Bahnen wie aus dem Nichts einen Rentner spitalreif schlug, ist nun auch mehrfach im amtlichen Bulletin des Parlaments verewigt.

In dieser Gemengenlage ist es fast zu einem Ritual geworden: Auf Antrag der SVP findet während der Session eine ausserordentliche Session zum Thema Asyl statt. Am Montag war der Nationalrat am Zug, am Donnerstag entschied der Ständerat über rund ein Dutzend zum Teil gleichlautende Vorstösse.

Jans sagt, es brauche später mehr Mittel

In einem Punkt waren sich Bundesrat und die beiden Kammern einig: Die Grenzkontrollen sollen intensiviert werden. Der Bundesrat wird sich nun Gedanken darüber machen, wie genau das geschehen soll – täglich überqueren rund 2,2 Millionen Menschen die Landesgrenze. Jans sagte im Ständerat, vermehrte Kontrollen seien personalintensiv, das Parlament werde dafür früher oder später zusätzliche Mittel sprechen müssen. In der aktuellen Migrationslage lässt sich die Motion laut dem Justizminister mit dem bestehenden Personal umsetzen. Zum Beispiel, in dem mehr Mitarbeitende des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit für Kontrollen abgezogen werden.

Mehrere Vorstösse fanden in beiden Räten gegen den Willen des Bundesrats eine Mehrheit. So hat nach dem Nationalrat jetzt auch der Ständerat entschieden, die Bewegungsfreiheit von kriminellen abgewiesenen Asylsuchenden bis zum Strafvollzug und zur Ausschaffung einzuschränken. Jans warnte vergebens, die Einschränkung der persönlichen Freiheit müsse verhältnismässig sein und das Parlament verlasse den Boden der Verfassung. Motionär Pirmin Schwander (SVP, SZ) fragte er rhetorisch, ob der Bund im Kanton Schwyz ein spezielles Zentrum für Tausende kriminelle Asylsuchende bauen dürfe.

Zustimmung fand auch der Vorschlag, wegen eines Verbrechens verurteilte Asylsuchende vom Asylverfahren auszuschliessen. Jans argumentierte vergeblich, Menschenrechte würden auch für Straftäter gelten – insbesondere das Verbot, jemanden in ein Land zurückzuschicken, in dem unmenschliche Behandlung droht.

Ein Jans-kritisches Votum hielt der Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch. Er höre vom Bundesrat und dem Staatssekretariat für Migration (SEM) zu häufig, warum etwas nicht gut sei, was in einem Vorstoss gefordert werde. Das möge ja sein, aber: «Sagen Sie uns und den Leuten da draussen, was man denn machen müsste. Das Einzige, das ich nicht verstehe, ist, wenn man sagt: ‹Wir haben kein Problem.›» Wenn der Bundesrat keine Lösungen habe, werde er eben mit Vorstössen überschwemmt. Jositsch bat den Bundesrat um eine Auslegeordnung zum Thema Asyl und bekannte, einige Vorstösse anzunehmen, die er vor ein paar Jahren noch abgelehnt hätte.