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Trump und Putin telefonieren heute: Ebnet das Gespräch den Weg zum Frieden?

Heute Nachmittag Schweizer Zeit will US-Präsident Donald Trump seinen russischen Amtskollegen im Direktgespräch zum Waffenstillstand in der Ukraine bewegen. Die Meinungen über die Erfolgsaussichten gehen auseinander.

Donald Trump ist optimistisch – wenngleich in seiner Wortwahl vorsichtiger als auch schon: «Vielleicht gelingt es, vielleicht gelingt es nicht.» Er freue sich auf das Telefongespräch mit Russlands Präsident Wladimir Putin. Aber auf dem Weg zu einem Waffenstillstandsabkommen und späteren Frieden in der Ukraine «bleibt noch viel zu tun».

Gemäss Angaben aus Washington soll der Anruf um 14 Uhr Schweizer Zeit erfolgen. Nach einem ersten Telefonat im Februar hatte Trump noch ein persönliches Treffen mit Putin in Aussicht gestellt, wofür aber nach wie vor kein Termin steht. Im Vorfeld des zweiten Gesprächs legen die Mitglieder von Trumps Regierung viel Wert darauf, die bisherigen Fortschritte zu betonen, die angeblich erreicht worden seien.

Russlands Präsident Wladimir Putin fühlt sich in der jetzigen Situation im Vorteil.
Bild: Alexander Kazakov/AP

Zum Sender Fox News Radio sagte US-Aussenminister Marco Rubio, man sei einem Frieden näher «als vor zwei Wochen oder vor sechs Monaten». Der Druck auf die Ukraine, den Trump ausübte, sei erfolgreich gewesen, um ein Einverständnis aus Kiew zu erhalten. «Und jetzt müssen wir so etwas auch von den Russen bekommen», betonte Rubio.

Trumps Pressesprecherin Karoline Leavitt bemühte am Montag in einer Medienorientierung im Weissen Haus einen Football-Begriff. Man befinde sich auf der «10-Yard-Linie zum Frieden», also kurz vor dem siegbringenden Spielzug. «Wir waren noch nie so nah an einem Friedensabkommen, wie wir es jetzt sind, und wie Sie alle wissen, ist der Präsident dazu entschlossen, einen Deal zu kriegen.»

Die Anerkennung der Krim als Geschenk an Putin?

Mit welchen Mitteln und Angeboten Trump seinen Moskauer Amtskollegen dazu bringen will, in die in Saudi-Arabien ausgearbeitete Waffenstillstandsvereinbarung einzuwilligen, bleibt hingegen weitgehend offen. Im Vorfeld des Telefonats jagen sich in Washington, aber auch in der Ukraine zahlreiche Spekulationen.

Das Onlineportal «Semafor»berichtete exklusiv, der US-Präsident sei bereit, die gesamte besetzte Krim als russisches Staatsgebiet anzuerkennen und die UNO zur selben Anerkennung zu bringen, um Putins Einverständnis zu erlangen.

Gleichzeitig befürchtet man in der Ukraine, Trump werde Putins Maximalforderungen nachgeben, von denen Moskau bisher noch keinen Zentimeter abgerückt ist. Diese beinhalten die faktische Entwaffnung der Ukraine, einen Regimewechsel in Kiew, den verfassungsmässigen Verzicht der Ukraine auf Nato-Mitgliedschaft und die vollständige Einverleibung der vier noch nicht zur Gänze eroberten Oblasten Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson inklusive der ukrainischen Grossstädte Kramatorsk, Slowjansk, Cherson und Saporischschja.

«Die Ukraine ist keine Kolonie und wird keinen Friedensplan akzeptieren, der von jemand anderem beschlossen worden ist», schreibt trotzig das Nachrichtenportal «Ukraine Front Line» gegen einen solchen Deal an. Präsident Wolodimir Selenski wiederholte am Montag seine Aussage von vergangener Woche: «Es ist Druck vonnöten, damit in Moskau schlussendlich akzeptiert wird, dass ihr Krieg beendet werden muss.» Um zur Realisierung einer Waffenruhe zu gelangen, müsse «Russland damit aufhören, Bedingungen zu stellen».

Kein US-Beteiligung mehr an Aufklärung von Kriegsverbrechen

Befürchtungen eines unfairen Deals weckt in der Ukraine insbesondere Trumps Aussage vom Sonntagabend in der Air Force One, es werde im Telefongespräch mit Putin um die «Aufteilung bestimmter Güter» gehen.

Wenig zu Vertrauensbildung trägt auch die Nachricht aus Washington bei, dass sich die USA nicht mehr an der Aufklärung für die Verantwortlichkeiten beim Kriegsausbruch und für russische Kriegsverbrechen in der Ukraine beteiligen werden. Trump habe aus Spargründen die US-Beteiligung an einer internationalen Ermittlungskommission zurückgezogen. Das schrieb am Montag die New York Times.

Angesichts einer solchen weiteren Geste gegenüber Putin werde es im Telefonat mit Moskau vor allem darum gehen, «was die Ukraine verlieren soll», analysiert die führende US-Tageszeitung. Entsprechend pessimistisch geben sich westliche Beobachter. Da Trump offensichtlich beim Zustandekommen des Waffenstillstands unter Zeitdruck stehe, werde Wladimir Putin «gelassen seine Maximalforderungen wiederholen», schreibt der deutsche Ukraine-Experte Nico Lange im Kurznachrichtendienst X.

Gemessen am bisherigen Verhandlungsverlauf erwartet auch der US-Historiker und Ukraine-Forscher Timothy Snyder heute kein Entgegenkommen Moskaus, geschweige denn einen Durchbruch zum Frieden hin. Putin habe bisher lediglich den unwillkommenen US-Sondergesandten Keith Kellogg abgelehnt, den anderen Steve Witkoff acht Stunden warten lassen und «Trump darüber instruiert, Russland zu geben, was es verlange».

Gemäss dem deutschen Politologen und Russland-Experte Andreas Heinemann-Grüder geht es heute im Telefonat zwischen Trump und Putin lediglich um einen weiteren kleinen Schritt in Richtung einer vertrauensbildenden Massnahme: «Russland denkt in der jetzigen militärischen Situation, seine Forderungen noch erhöhen zu kommen.» Allein mit der Androhung der Verschärfung von US-Sanktionen werde Trump dem russischen Präsidenten nicht beikommen können, sagt Heinemann-Grüderim DLF-Interviewvoraus. «Wir sollten den Frieden nicht überfordern mit Erwartungen.»