
Post wird weniger pünktlich: Rösti will dem gelben Riesen Leistungsabbau ermöglichen
Künftig müssen nur noch neun von zehn Briefen und Päckli pünktlich beim Empfänger im Briefkasten laden. So will es zumindest der Bundesrat. Er hat am Mittwoch die Verordnung zum Postgesetz in die Vernehmlassung geschickt. Die Post muss demnach nur 90 Prozent aller Sendungen fristgerecht abliefern. Heute müssen Briefe zu 97 Prozent und Pakete zu 95 Prozent gemäss ihrer Frankierung zugestellt werden. Damit soll die Post Kosten senken können.
Das gilt auch für die neuen Regeln bezüglich der Zustellung an kleinere Siedlungen. Künftig soll die Post nicht mehr jedem «ganzjährig bewohnten Haus» den Briefkasten befüllen, sondern diese nur noch anfahren müssen, wenn sie Teil einer Siedlung mit ««mindestens fünf ganzjährig bewohnten Häusern», die sich auf einer Fläche von einer Hektare befinden müssen, ist. Konkret bedeutet das, dass rund 60’000 Haushalte in der Schweiz künftig keine Post mehr erhalten sollen.
Briefe auch digital aufgeben
Bald will die Post auch einen digitalen Briefkasten anbieten. Dabei soll auch der digitale Brief eingeführt werden. Der Absender gibt dabei den Brief digital auf, der Empfänger wählt, ob er diesen physisch oder digital erhalten will. Dabei garantiert die Post das Briefgeheimnis. So wolle der gelbe Reise seinen Grundversorgungsauftrag modernisieren und «dem heutigen Stellenwert der digitalen Kommunikation Rechnung tragen». (mg)
Damit will Post-Minister Albert Rösti exakt jene Pläne umsetzen, die er bereits im vergangenen Jahr «als Stossrichtung» vorgeschlagen hatte. Zwar versuchte der Nationalrat die Pläne von Rösti zu stoppen, doch der Ständerat vereitelte die parlamentarische Notbremse. Die Nationalräte und Nationalrätinnen betonten, dass «die gleichwertige Versorgung mit öffentlichen Dienstleistungen unabhängig vom Wohnort ist ein zentrales Element des Zusammenhalts in der Schweiz» sei.
Heftige Kritik an der «Schneckenpost»
Die Post selbst reagiert in einer ersten Stellungnahme grundsätzlich positiv auf die Vorlage – sie hat hinter den Kulissen für die Reformen geweibelt. Bezüglich der Haushalte, die gar nicht mehr bedient werden, schreibt der Staatskonzern in einer Mitteilung: «Die Post begrüsst diesen Änderungsvorschlag grundsätzlich, da er die Effizienz in der Zustellung deutlich erhöhen würde.» Für die betroffenen Personen würden «alternative Zustelllösungen» geschaffen und die Umstellung würde über einen Zeitraum von 10 Jahren eingeführt.
Auch bezüglich Pünktlichkeit sieht die Post nur Vorteile. «Die neuen Vorgaben würden zum Beispiel bei ausserordentlichen Ereignissen wie Zugausfällen oder Tunnelsperrungen mehr Spielraum und Planung in der Logistik ermöglichen», schreibt die Post.
Anderer Meinung ist Nationalrat David Roth (SP/LU). Er spricht auf der Plattform Bluesky vom «Prinzip Schneckenpost», das nun Einzug halte. «Dreimal mehr Briefe und doppelt so viele Pakete dürfen neu unpünktlich ankommen», sagt Roth. Scharf ist auch die Kritik an den nicht mehr bedienten Haushalten: Das sei eine neue Abbaupiste, «die sich beliebig ausdehnen lässt». Am liebsten, so vermutet Roth, wäre es Rösti, «wir würden die Post in Härkingen holen».
Nun können sich Kantone und Politik zu den Plänen des Bundesrats äussern.
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