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Katy Perrys Flug ins All pinkelt dem Feminismus ans Bein

Ein «historischer» Flug ins All wird zum PR-Gag verwurstelt und sorgt auch Tage später noch für heftige Reaktionen auf Social Media. Aber warum eigentlich?

Eine Weltraummission, bei der ausschliesslich Frauen an Bord sind, klang historisch! Ein Hoch auf den Feminismus! Voll Girl Power! Obwohl die Hälfte der «Crew» aus reichen Frauen bestand, die ungefähr gleich viel Ahnung von Raumfahrt haben wie Meerschweinchen. Im Vorfeld schwafelte Katy Perry in einem Interview: «Ich habe mich schon immer für Astrophysik, Astronomie und Astrologie interessiert.» Astronomie UND Astrologie! Als wäre das dasselbe, obwohl Astronomie eine Wissenschaft ist und Astrologie Quatsch mit Sternzeichen!

Die «Mission» dauerte weniger lange als Taylor Swifts Musik Video zu«All Too Well», doch der Absturz kam erst nach der Landung. Katy Perry küsste die Erde – die sie vor knapp 10 Minuten verlassen hat. Gayle King schwafelte von ihrem Respekt gegenüber Mutter Erde, nachdem sie gerade wortwörtlich Millionen zu heisser Luft verpuffen liessen. Und ständig wurden sie als Astronauten bezeichnet. Das wäre, als würde man in einen Flug von Zürich nach Basel hocken und sich danach Pilot nennen! Die Kommentare im Youtube-Livestream waren sich einig: Das war nicht historisch, das hatte nichts mit Feminismus zu tun. Das war ein peinlicher Witz! Und damit ging die Online-Kritik erst los.

Dass Möchtegern-Astronautin Gayle King dann auch noch jammerte, wie enttäuscht sie von den negativen Reaktionen war, goss nur noch mehr Öl ins Feuer: «Ignoriert nicht, was das für Frauen und Mädchen bedeutet. So viele Leute haben zu mir gesagt: ‹Ich hätte nie gedacht, dass ich das schaffen könnte, aber ich sehe, dass du es schaffst.›» Aber was genau hat sie denn geschafft, was all die echten Astronautinnen vor ihr nicht getan haben, die nicht nur auf ihrem Hintern hockten und sich durch ein paar Sekunden Schwerelosigkeit gegrinst haben?!

Doch nachdem einem vor lauter Rage der Kopf explodiert ist, bleibt eine Frage: Warum regen sich so viele Menschen eigentlich dermassen darüber auf? Schliesslich sind zuvor auch schon ein paar reiche Männer ins All geflogen, was ebenso hirnverbrannt war. «Star Trek»-Schauspieler William Shatner tat es 2021, genau wie Milliardär Richard Branson und natürlich Jeff Bezos, der sich mit «Blue Origin» sein eigenes Raumfahrtunternehmen gekauft hat. Damals war die Kritik aber nicht annähernd so laut. Liegt es daran, dass es diesmal Frauen waren? Ja und nein.

Aktuell strauchelt die US-Wirtschaft und Lebensmittelpreise schiessen in die Höhe. Die NASA musste auf Befehl der Trump-Regierung Pläne für die erste Frau auf dem Mond streichen. Informationen über weibliche Wissenschaftlerinnen werden von Regierungswebsites gelöscht. Und Online-Frauenfeindlichkeit wird immer lauter. Während all das passiert, zieht «Blue Origin» mit Katy Perry und Co. diese Feminismus-Show ab.

Der Zeitpunkt für diesen PR-Gag war mehr als schlecht gewählt. Und doch ist der Shitstorm auch ein bisschen unfair, denn es waren auch Frauen an Bord, die wirklich etwas draufhaben. So wie Ex-NASA Wissenschaftlerin Aisha Bowe oder Bürgerrechtlerin und Astrobiologin Amanda Nguen. Doch die liessen sich halt nicht so gut vermarkten. Und das heisst auch, dass wir eine gewisse Mitschuld tragen. Denn ganz ehrlich: Kennen wir den Namen von auch nur einer echten Astronautin? Wohl nicht ohne zu googeln.

Die «Crew» bestand nicht nur aus Promis, doch das interessierte nur am Rand.
Bild: Keystone

Schauspielerin Jessica Alba ist eine der wenigen Promis, die die Reaktionen verurteilte, als sie einen Instagram-Beitrag teilte: «Ich wünschte, die Menschen würden Trumps Machtmissbrauch mit der gleichen Energie anprangern.» Und sie hat recht.


Bild: Screenshot Instagram

Oft werden Frauen eher für etwas verurteilt oder lächerlich gemacht, was bei Männern keinen Piep auslösen würde. Und ja, es gibt wichtigere Themen, über die man sich online lauthals auskotzen müsste. Doch bei den meisten können wir als Normalos leider eher wenig ausrichten. Wenn aber ein paar reiche Frauen sich für einen funktionsgestörten Temu-Terminator wie Jeff Bezos zum Affen machen und da auch noch das Feminismus-Label drauf klatschen, darf man sich durchaus darüber aufregen. Zumindest ein bisschen.