
Der Tiefpunkt ist erreicht: Der FC Zürich verpasst die Meisterrunde
Man kann den Entscheidungsbefähigten hinter der Super-League-Reform nur gratulieren. Weil sie es auch im zweiten Jahr im neuen Modus verstanden haben, frühzeitig Wahrheiten zu schaffen, wo ansonsten nur Vorahnungen hätten gelten können. Eine dieser Wahrheiten lautet so: Aus einer mindestens merkwürdigen Saison des FC Zürich ist schon im April eine ganz schlechte geworden.
Noch Ende März verfügten die Zürcher über ein Polster von fünf Punkten auf den siebten Tabellenplatz. Nun, kein Monat später, ist dieser Vorsprung verspielt, und der FCZ aus allen Traktanden gefallen. Mit der 1:2-Niederlage gegen die Young Boys hat er jetzt, da die Tabelle in zwei Hälften geteilt wird, die Meisterrunde definitiv verpasst. Er besitzt damit keine Chance mehr, um den Meistertitel mitzuspielen geschweige denn um einen Europacup-Platz. Auch mit dem Abstieg wird er freilich nichts zu tun haben. Tabellarisch eingemittet schippert er stattdessen dem unwürdigen Ende dieser Spielzeit entgegen.
Tiefpunkt einer negativen Entwicklung
Es ist der vorläufige Tiefpunkt einer schleichend negativen Entwicklung, die im Grunde schon zum Saisonstart eingesetzt hatte. Von Tag eins an war die Unruhe, war die Kadenz an Nebengeräuschen rund um diesen Klub immens. Die Gesichtslosigkeit dieser Zürcher Mannschaft galt es nachzuvollziehen, die Fluktuationen, die Wechsel an der Aufstellung von Woche zu Woche. Den Umgang mit Vereinsheiligen wie Antonio Marchesano. Den Führungsstil des oftmals erratischen und nur vordergründig konsequenten Trainers Ricardo Moniz. Die Einflussnahme und Personalpolitik von Sportchef Milos Malenovic, die in der höchst umstrittenen Verpflichtung von Benjamin Mendy gipfelte. Einen Transfer, den ausserhalb des FCZ niemand verstand.

Bild: Peter Klaunzer / KEYSTONE
Der Weltmeister von 2018 fiel bislang mehr mit schlimmen Fehlern auf denn mit gewinnbringenden Stärken. Immerhin ein Versagen in Bern war Mendy im vorliegenden Fall nicht anzulasten, hatte er sich vergangene Woche doch einen Muskelfaserriss in der Wade zugezogen. Ob er von Disziplinfanatiker Moniz auch in einsatzfähigem Zustand aufgestellt worden wäre, sei allerdings dahingestellt. Denn offensichtlich hatte es Mendy als prächtige Idee empfunden, nach der 0:4-Klatsche gegen Basel noch eine Party in der Stadt aufzusuchen. Und seinem eh schon ramponierten Image eine weitere Schramme zuzufügen.
Im Berner Wankdorf stehen diesmal andere im Mittelpunkt. Torhüter Yannick Brecher etwa, der in der 17. Minute von YB-Stürmer Cedric Itten zwischen den Beinen erwischt wird, damit nicht die Hauptschuld trägt am Rückstand, aber doch keinen sonderlich guten Eindruck hinterlässt. Das 0:2 kurz vor dem Halbzeitpfiff ist schliesslich mehr der Schlitzohrigkeit Christian Fassnachts zuzuschreiben, der seinen inneren Thomas Müller entdeckt und den Ball gerade noch so über die Linie drückt. Einen gefährlichen Abschluss vor der Pause hat der FCZ durch Steven Zuber auch noch. Doch Alex Frei, mittlerweile Experte beim TV-Sender Blue, legt sich in der Pause fest: «Ich glaube nicht, dass der FC Zürich noch einmal zurückkommt.»
Er behält recht, auch wenn Zuber in der zweiten Halbzeit per Penalty verkürzt. Zu mehr befähigt der Anschlusstreffer die Zürcher aber nicht. Und nach dem Schlusspfiff sagt Klubpräsident Ancillo Canepa: «Es ist eine Riesenenttäuschung.»
Der FC Winterthur lässt sich nicht hängen
Weil der FCZ sie lässt, feiern eben die anderen. Konkret die Spieler von Lausanne-Sport, die im heimischen Stade de la Tuilière 2:0 gegen ein taumelndes Lugano gewinnen und den freigewordenen Platz in der Championship Group erobern. Fousseni Diabaté (27.) und Morgan Poaty (38.) lassen Ludovic Magnin mit ihren sehenswerten Toren in Ekstase fallen. Der Trainer dürfte nun wieder Musse finden, seinen heiss geliebten HC Lausanne im Playoff-Final gegen die ZSC Lions auch vor Ort zu unterstützen. Im Nachgang der 0:1-Niederlage gegen Winterthur vorherige Woche hatte er von einem Stadionbesuch noch abgesehen. Es gab Wichtigeres zu tun.

Bild:Pascal Muller/Freshfocus
Überholt wird der FCZ gar noch vom FC St. Gallen, der den FC Sion im proppenvollen Kybunpark 1:0 schlägt, aber gleichsam den Sprung in die Top 6 verpasst. Alles beim Alten bleibt derweil an der Tabellenspitze, an welcher sich der FC Basel mit dem fünften Sieg in Folge festsetzt. Yverdon fertigt er gleich mit 5:0 ab, womit er vor allem Yverdons Konkurrenten im Abstiegskampf einen Gefallen macht. Für den FC Winterthur – auch das eine der Volten dieses Wochenendes – wird der Klassenverbleib nach dem 1:0-Sieg im Direktduell mit den Grasshoppers plötzlich wieder realistisch.
Ganz unten bleibt es also spannend, ganz oben aufgrund der Basler Formstärke eher weniger. Obschon Servette mit dem 2:1-Sieg gegen Luzern zumindest den Anschein eines ernst zu nehmenden Verfolgers wahrt. Sechs Punkte haben die Genfer aufzuholen – für sie geht es noch um was. Im Gegensatz zu den Kollegen in Zürich.