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Einblick in römisches Quartier: Notgrabung bringt Pantherstatuette und Weihalter aus der Antike zum Vorschein

Die Kantonsarchäologie Aargau führte eine Rettungsgrabung in der Kaiseraugster «Schürmatt» durch. Diese hat die Kenntnisse über die Unterstadt des antiken Augusta Raurica erheblich erweitert. Die Untersuchung war die erste rein digital dokumentierte Ausgrabung der Kantonsarchäologie.

In der «Schürmatt» in Kaiseraugst sollen auf drei unbebauten Parzellen drei Mehrfamilienhäuser entstehen. In Bezug auf die antike Situation befinden sich die Grundstücke in der Unterstadt von Augusta Raurica. Im Norden einer der Parzellen liegen ausserdem spätantike Bestattungen eines ausgedehnten Gräberfeldes. Im Hinblick auf das Bauprojekt wurden die Parzellen bereits 2019 geophysikalisch ohne Bodeneingriff untersucht und in den Jahren 2021 sowie 2023 sondiert.

«Aufgrund dieser Erkenntnisse hat die Kantonsarchäologie Aargau eine Notgrabung geplant und durchgeführt. Diese startete im Mai 2024 und endete im letzten Monat. «Dank dem Entgegenkommen der Bauherrschaft war es zudem möglich, die geplante Baugrube gemäss den Sondierungsergebnissen so anzupassen, dass die spätrömischen Bestattungen im Norden erhalten bleiben», schreibt der Kanton in einer Mitteilung.

Einblick in die Bebauung der Unterstadt

In der rund 1800 Quadratmeter grossen Grabungsfläche wurde ein Ausschnitt einer römischen Strasse mit der beidseitig angrenzenden Bebauung und den dazugehörigen Hinterhöfen erfasst. Das ermöglichte wertvolle Einblicke in die städtebauliche Struktur und Parzellierung dieses Quartiers. Die römische Strasse wurde mehrfach erneuert und war zuletzt fast vier Meter breit. Sie wurde beidseitig von Strassengräben und sogenannten Portiken (Säulenhallen) flankiert.

Das Grabungsteam konnte ein grosses Gebäude mit Steinkeller vollständig, ein weiteres mit Keller teilweise freilegen. «Vor allem die in den Boden eingetieften Strukturen waren gut erhalten und lieferten zum Teil zahlreiche Funde», heisst es in der Mitteilung. Überraschenderweise konnten auf einzelnen Parzellen einfachere Pfostenbauten nachgewiesen werden. Es waren also nicht alle Parzellen mit Steinbauten überbaut. Gemäss Kantonsarchäologie sind aufgrund des langrechteckigen Grundrisses, der inneren Gliederung und der Hinterhöfe alle Bauten als Streifenhäuser zu interpretieren.

Fürsorglich im Hinterhof begraben

In den Hinterhöfen konnten mehrere Trockenmauerschächte und Gruben freigelegt werden. Die Funktion dieser Schächte, zum Beispiel genutzt als Latrinen oder Vorratsschächte, muss noch näher untersucht werden. Im Weiteren konnten sowohl in den Gebäuden als auch in den Hinterhöfen mehrere Säuglingsbestattungen freigelegt und dokumentiert werden. «Dass verstorbene Säuglinge nicht auf Friedhöfen, sondern in Haus und Hinterhof begraben wurden, war in römischer Zeit üblich. Die Gräber zeugen von der Totenfürsorge und geben Hinweise auf die hohe Säuglingssterblichkeit in dieser Zeit», schreibt der Kanton.

In den Hinterhöfen der römischen Streifenhausbebauung befanden sich mehrere Schächte.
Bild: Kanton Aargau

Die Bebauung dieses Quartiers begann am Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. und endete im Laufe des 3. Jahrhunderts n. Chr. Die spätantike Nutzung des Areals wird vor allem durch zahlreiche spätrömische Münzen und Einzelfunde belegt. Unter den zahlreichen Funden fanden sich gemäss Kantonsarchäologie einige besondere Objekte: eine kleine Pantherstatuette aus Bronze, eine Weihalter aus Tuffstein und ein Spinnwirtel aus Mosaikglas. «Solche Funde sind selten», heisst es in der Mitteilung.

Die Ausgrabung in der «Schürmatt» wurde termingerecht abgeschlossen. Die ganze Dokumentation erfolgte ausschliesslich digital – es war die erste rein digital dokumentierte Ausgrabung der Kantonsarchäologie Aargau. Alle Befunde wurden im Feld digital gezeichnet und sämtliche Daten direkt in die Datenbank eingegeben. Diese innovative Methode ermöglichte eine äusserst präzise und effiziente Dokumentation, die auch interkantonal neue Massstäbe für zukünftige Projekte setzt, heisst es in der Mitteilung weiter.(az)