Sie sind hier: Home > Aarau > Bahnhofplatz Aarau: Die roten Tulpen verschwinden – jetzt kommen die Seerosen

Bahnhofplatz Aarau: Die roten Tulpen verschwinden – jetzt kommen die Seerosen

Neun Jahre lang standen die Tulpensitze vor dem Aarauer Bahnhof. Ein freundlicher Farbtupfer für die Reisenden, waren sie für die Stadt ein ewiges Ärgernis. Ihr gewichtiger Ersatz, extra für Aarau entworfen: die Seerosen.

Die Tulpen vor dem Aarauer Bahnhof: Jeder kennt sie, jede hat eine Meinung zu den Farbtupfern, die dem tristen Platz das gewisse Etwas verleihen. Aber die Tulpen haben sich rasch als zarte Pflänzchen entpuppt, ständig gingen sie kaputt. Von den ursprünglich 42 Sitzen stehen heute noch sechs. Nach neun Jahren des Probierens, Austauschens und Neubestellens hat die Stadt jetzt genug. Die Tulpen kommen weg.

Gestern hat die Stadt ihren Ersatz präsentiert. Auch der floral gestaltet, aber mit einer knappen Tonne Eigengewicht ein ziemlicher Brocken: die Seerose. Ein Prototyp, massgeschneidert für den Aarauer Bahnhofplatz.

Die Farbe verändert sich je nach Distanz

Der Name ist nicht der offizielle, aber er passt gut: Wie Blütenblätter gruppieren sich die fünf angedeuteten Sitzflächen um die Rückenlehne. Die Farbe schwankt je nach Entfernung des Betrachters zwischen rosa und rostrot; tatsächlich ist es Kunststein aus rotem und schwarzem Stein sowie roten Farbpigmenten. «Ein Farbtupfer mit natürlichen Farben, der schön altert», so Designer Daniel Hunziker. Anders als bei Plastik verbleicht der Farbton nicht.

Die neue Sitzmöglichkeit auf dem Bahnhofplatz.
Chris Iseli

Ein weiterer Vorteil: Das gescheckte Material macht kleinere Schäden schwerer erkennbar, als es auf unifarbenen Flächen der Fall ist. Die Oberflächen sind zudem imprägniert, was Graffiti leichter abwaschen lässt. Und das ist noch nicht alles: Sämtliche Flächen sind abgeschrägt, damit Regenwasser leicht abläuft. Die Bänke sind für Sehbehinderte gut ertastbar, die Verletzungsgefahr ist sehr gering. Weiter stimmt die Sitzergonomie für ältere und kleinere Menschen, beim Aufstehen hilft eine Armlehne.

Warum es eine massgeschneiderte Lösung gebraucht hat

Wenn man all diese Ansprüche und Überlegungen berücksichtigt, erklärt sich auch, weshalb die Erarbeitung dieses Prototyps knapp zwei Jahre in Anspruch genommen hat. Und weshalb ein solcher überhaupt entwickelt werden musste: «Wir haben lange nach einem Ersatz für die Tulpen gesucht, sind aber nicht fündig geworden», sagt Stadtbaumeister Jan Hlavica.

Selbst das Modifizieren bestehender Lösungen habe sich als praktisch unmöglich erwiesen. Das Problem: die Beschaffenheit des Bahnhofplatzes. Direkt über der Tiefgarage gelegen, ist eine tiefe Verankerung nicht möglich. Weiter müssen die Sitzelemente für Veranstaltungen mit relativ kleinem Aufwand verschoben werden können. «Deshalb haben wir den Mut gefasst, selber ein Sitzelement zu entwickeln», so Hlavica.

Die Tulpensitze am Bahnhof Aarau haben ausgedient.
Mario Heller

«Der Bahnhofplatz ist unsere Visitenkarte», fasste Vizestadtpräsident Werner Schib, zuständig für Verkehr und Umwelt, zusammen. «Die Tulpen sind zwar schön, gefällig, ein Farbtupfer.» Aber sie seien auch unheimlich unterhaltsintensiv gewesen, die Ersatzbeschaffung schwierig, kurz: «Die Tulpen waren für diesen Ort keine Ideallösung.»

Entsprechend hoch sind die Ansprüche an die neue Lösung gewesen: Der Ersatz habe nicht nur optisch überzeugen müssen, so Schib, sondern auch den Bedürfnissen älterer oder körperlich beeinträchtigter Menschen entsprechen und auch bezüglich Robustheit, Unterhalt und Flexibilität stimmen.

Stadtpräsident Hanspeter Hilfiker ergänzte: «Diese Sitzgelegenheit ist ein wichtiges Element, um die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum zu verbessern.» Schliesslich sei der Bahnhofplatz der mit Abstand am stärksten frequentierte Platz in Aarau.

Jetzt darf sich die Bevölkerung äussern

Von den «Seerosen» sollen dereinst zwischen 17 und 20 Stück zwischen Bahnhof-Haupteingang und AKB verteilt werden. Doch bevor die «Seerosen» in Produktion gehen, soll die Bevölkerung den Prototypen bewerten: Auf einer Stele direkt neben der Seerose findet sich ein QR-Code, über den man auf die Umfrage gelangt (dieser Code findet sich auch auf www.aarau.ch). Die Umfrage läuft bis zum 5. Juli. Zum weiteren Fahrplan sagte Schib: «Die Idee ist, dass gegen Ende Jahr oder spätestens Anfang kommenden Jahres der Kredit für die Beschaffung der Sitzgelegenheiten bewilligt wird.» Bis es so weit ist, werden defekte Tulpen mit weiteren Steinhockern ersetzt.

Vize-Stadtpräsident Werner Schib und Stadtpräsident Hanspeter Hilfiker gefällt der Prototyp. Vor allem sei er bequem.
Chris Iseli

Die «Seerose» ist mit einem Stückpreis von knapp 10’000 Franken nicht günstig. Aber Schib betont: «Auch die Tulpen haben pro Stück gut 1000 Franken gekostet. Wenn man bedenkt, wie viel Geld wir in Reparaturen und den Ersatz gesteckt haben, dann relativieren sich die 10’000 Franken für dieses robuste Element rasch.» Ihm jedenfalls gefällt der Prototyp. «Und das Beste: Er ist sogar richtig bequem.»