Nach 22 Jahren ist Lichterlöschen: Der «Boiler Club» macht Ende Juni zu
Diese Nachricht hat unter den Aarauer Nachtschwärmern blitzartig die Runde gemacht: Der «Boiler Club» in der Rathausgasse löscht die Lichter. «Manchmal muss man Altes hinter sich lassen damit Neues gedeihen kann», postete Inhaber Michael Ganz am Montagabend auf Instagram. «So haben wir uns entschlossen, den Betrieb unseres Clubs per Ende Juni einzustellen.» Nach mehr als 22 Jahren und tausenden Partys ist nun in knapp zwei Wochen Schluss.
Was kurzfristig klingt, habe sich schon länger abgezeichnet, sagt Ganz auf Nachfrage. «Die letzten Jahre waren zäh, der Club lief nicht mehr so wie früher.» Woran das konkret liegt, kann Ganz nicht sagen. «Aber es ist ein weltweites Problem: Die Clubbranche kämpft überall.» Mit Corona habe das nichts zu tun, zumindest nicht im Fall des Boiler Clubs: «Die Zerfitikatszeit war gar die beste in der Club-Geschichte, die Leute waren verrückt danach, wieder in den Ausgang gehen zu können.» Zuvor hatte Ganz eine Vorreiterrolle eingenommen und den Club von sich aus vorsorglich geschlossen; er spiele nicht mit der Gesundheit anderer, hatte Ganz – auch Präsident der Sparte Spitex im Aargauer Gesundheitsverband vaka – damals gesagt.
Man kann durchaus sagen: Mit dem Lichterlöschen im «Boiler Club» endet eine Ära. Als die Geschwister Michael und Martina Ganz den «Boiler» 2001 das erste Mal kochen liessen, war in der Aarauer Altstadt nur verkehrstechnisch viel los. Partys wurden am Altstadtrand gefeiert, im «KIFF», im «Flössi» oder im «Utopia» hinter dem Bahnhof. In der Altstadt traf man sich im «Gossip» (heute «Hobo»). Doch 2001 regte sich einiges: Nicht nur im Gewölbekeller des ehemaligen Theaters «Innerstadtbühne» an der Rathausgasse, sondern auch im ehemaligen Hotel Kettenbrücke. «KBA» wie «Boiler» gingen im selben Jahr auf.
Als hätten die Aarauer nur auf einen Kellerclub gewartet, rannten sie den Betreibern die Bude ein. Ohne irgendwelche Werbung. «Wir merkten blitzartig, dass sich ein Club nicht als Hobby betreiben lässt», sagte Michael Ganz anlässlich des 20-Jahr-Jubiläums gegenüber der AZ. «Wer einen Club führt, muss konsequent sein. Da liegt es nicht drin, selbst Party zu machen.» Nur zwei Monate nach dem Club-Debüt trat Michael Ganz sein Amt als Aarauer Stadtrat (Pro Aarau) an, das er zwölf Jahre lang inne hatte. Martina Ganz stieg 2009 aus dem Boiler-Betrieb aus.
In den 22 Jahren hat sich das Clubwesen verändert. Ab 2015 wurde es beispielsweise zum Trend, bis morgens um 2 Uhr in Bars zu sitzen, statt in den Club zu gehen. Zum grossen Knick aber haben die sozialen Medien geführt: «Früher ging man in den Ausgang, um zu sehen und gesehen zu werden, um mitreden zu können», so Ganz. «Heute spült es das jedem daheim aufs Handy.» Nur eines, das kann einem auch ein Handy nicht ersetzen: den Bass in der Magengrube, die Atmosphäre im Keller unter der Altstadt, von dessen Decke gerne auch das Kondenswasser tropfte, hatte die Stimmung ihren Höhepunkt erreicht.
Nun ist das also alles demnächst Geschichte. Zumindest in dieser Form. «Es ist schön, wenn viele Aarauerinnen und Aarauer nostalgische Erinnerungen mit dem ‹Boiler Club› verbinden», sagt Ganz. Auch sei er erstaunt; noch nie habe er auf einen Post auf Instagram so rasch so viele Reaktionen erhalten wie auf den zur Schliessung. «Doch Nostalgie bringt im harten Gastronomiealltag nichts, es sind innovative Konzepte und neue Ideen gefragt.»
Was das heisst, will Ganz noch nicht verraten. Aber: Jemand ist mit einer neuen Idee auf mich zugekommen, die ihn so überzeugt habe, dass er nun diesen Schritt gehe und den «Boiler» schliesse. «Es wird auf jeden Fall spannend, neu und hoffentlich auch ganz schön glitzernd werden.» Und ja, es bleibe eine Adresse für Nachtschwärmer. Das Gebäude gehört Michael Ganz und seiner Schwester, die Bewilligung für einen Nachtclub bleibt bestehen. Im September wird es weitergehen.