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Es geht um Millionen: Welche Leistungen erbringen Aargauer Spitäler, die von der Krankenkasse nicht gedeckt werden?

Ob Weiterbildung, Forschung oder Notrufzentrale: Kantone können Spitäler für Leistungen entschädigen, welche nicht von der Grundversicherung gedeckt sind. Dabei gibt es grosse Unterschiede. Die Mitte Aargau verlangt mehr Transparenz – und einen Einblick in die Strategie der Regierung.

Immer mehr Spitäler in der Schweiz sind defizitär. Dieser Befund gilt auch für den Aargau:Abgesehen von den grossen Kantonsspitälern Aarau (KSA) und Baden (KSB) sowie den Psychiatrischen Diensten (PDAG) schrieben im vergangenen Jahr die meisten Kliniken rote Zahlen.Eine Hauptursache sehen die Verantwortlichen in den aus ihrer Sicht zu tiefen Tarifen: Sie würden die Kosten einer Behandlung oftmals nicht decken. Zu diesem Schluss kommen auch viele Gesundheitspolitikerinnen und -politiker.

Eine andere Finanzierungsquelle der Spitäler sind Gemeinwirtschaftliche Leistungen (GWL). Diese dienen der Finanzierung von Leistungen, die nicht von der Grundversicherung abgedeckt werden. Die Aargauer Regierung hat in einer Verordnung festgelegt, an welchen Leistungen sich der Kanton beteiligen kann – und wie hoch die Entschädigung dafür ausfällt.

Ungedeckte Betriebskosten einer Kinderklinik: höchstens 5 Mio. Franken pro Jahr

Forschung: höchstens 2,5 Mio. Franken pro Jahr

Betrieb der Sanitätsnotrufzentrale: 2,2 Millionen Franken

Massnahmen des Kindes- und Erwachsenenschutzrechts: 500’000 Franken

Bereitstellung und Unterhalt von geschützten Operationssälen: 20’000 bis 30’000 Franken

Ärztliche Weiterbildung: 20’000 Franken pro Assistenzarzt und Jahr

Universitäre Lehre: 15’000 Franken pro Unterassistent und Jahr / 1000 Franken pro Blockstudentin und Jahr

Hausarztmentoring: 50’000 Franken pro 20 Stellenprozent einer Mentorin oder eines Mentors

Betrieb einer Heroinabgabestelle: 339 Franken pro Woche und Fall

Die Kantone können relativ frei entscheiden, welche Leistungen sie auf diese Weise finanzieren wollen und wie viel Geld sie sprechen möchten. Im Aargau wurden in den letzten Jahren gewisse Beiträge erhöht, etwa für die Weiterbildung oder für den Betrieb der Sanitätsnotrufzentrale. Seit 2023 wird auch die Praxisassistenz – gemeint ist die Weiterbildung von Assistenzärzten in Hausarztpraxen – mit einer Pauschale von 50’000 Franken pro halbes Jahr unterstützt.

GWL sind Teil der neuen Gesundheitsstrategie

Die Gemeinwirtschaftlichen Leistungen unterscheiden sich teils beträchtlich von Kanton zu Kanton. Mehr Transparenz schaffen möchte nun die Aargauer Mitte-Fraktion. Sie hat am Dienstag im Grossen Rat eine Interpellation eingereicht. Darin heisst es, dass die Finanzierung der Spitäler und Kliniken «von einem starken Auseinanderdriften zwischen Erträgen und Kosten» geprägt sei.

Verschiedene Seiten würden immer wieder Klärungen zur Abgeltung von GWL fordern.In der Gesundheitspolitischen Gesamtplanung, die im Juni vom Grossen Rat verabschiedet wurde,seien sie als versorgungsrelevante Vorhalteleistungen der Spitalversorgung in der Strategie aufgenommen. Zudem sei in der Anhörung von verschiedenen Seiten festgehalten worden, dass die GWL zwingend neu ausgerichtet werden sollten, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Immer wieder werde erwähnt, dass der Kanton Aargau im interkantonalen Vergleich vergleichsweise tiefe Abgeltungen gewähre: «Bekannt ist auch, dass im Kantonsvergleich unterschiedliche Leistungen abgegolten werden und die interkantonale Vergleichbarkeit und Transparenz nicht gewährt sind.»

Obwohl die Interpellanten selbst einräumen, dass ein Vergleich wegen der unterschiedlich abgegoltenen Leistungen schwierig ist, fragen sie die Regierung, wie hoch die Zahlungen in anderen Kantonen sind und wie der Aargau im Vergleich dasteht. Ausserdem möchte die Mitte-Fraktion wissen, wie hoch der Durchschnitt und der Median pro Kopf und pro Fall im interkantonalen Vergleich sind.

Mitte fragt nach der Strategie der Regierung

Weiter muss der Regierungsrat darlegen, wie hochaktuell die gesamthafte Abgeltung für GWL an die Spitäler und Kliniken im Aargau ist und wie sich diese in den vergangenen Jahren entwickelt hat.

Von seinen eigenen Kantonsspitälern fordert der Kanton Aargau eine Ebitda-Marge von mindestens 10 Prozent. Mittels dieser Kennzahl wird die Profitabilität eines Spitals gemessen. Allen sei bekannt, dass dieser Wert unter den aktuell herrschenden Rahmenbedingungen «kaum erreichbar» sei, schreiben die Interpellanten. Sie möchten wissen, wie stark der Kanton die GWL-Abgeltungen an die Spitäler erhöhen müsste, damit diese das Finanzziel erreichen würden.

Ausserdem möchten die Mitte-Politiker und -Politikerinnen erfahren, welche Strategie der Kanton Aargau mit den GWL verfolgt, welche Leistungen prioritär abgegolten werden und welche weiteren Finanzierungsmöglichkeiten der Kanton hat.