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Aargauer beziehen keine Prämienverbilligung, obwohl sie Anspruch darauf hätten – jetzt kommen Grossräte ins Spiel

Grossrätinnen und Grossräte von Mitte- und Linksparteien wollen wissen, warum Anspruchsberechtigte keine Prämienverbilligung beziehen. Sie vermuten, dass die Hürden im Aargau immer noch zu gross sind. Ein mögliches Problem sehen sie in der aktuellen Frist.

Stellen Sie sich vor, man gibt Ihnen Geld, das Sie nicht annehmen, obwohl Sie es brauchen könnten. Genau das passiert bei der Prämienverbilligung regelmässig. Das Phänomen hat wohl weniger mit Bescheidenheit als mit zu grossen Hürden zu tun, vermuten einige Grossrätinnen und Grossräte.

Mittels Interpellation wollen Sie mehr über die Gründe erfahren, weshalb Aargauerinnen und Aargauer keine Prämienverbilligung (IPV) beziehen, obwohl sie ihnen zustünde. Eingereicht haben den Vorstoss Carol Demarmels, Lucia Engeli, Jürg Knuchel, Lea Schmidmeister (alle SP), Hans-Peter Budmiger (GLP), Therese Dietiker (EVP), Severin Lüscher und Isabelle Schmid (beide Grüne).

Die Prämienverbilligung sei ein wichtiges Instrument, um die finanzielle Belastung durch Krankenkassenprämien für einkommensschwache Haushalte zu verringern. Den Zugang zu dieser Sozialleistung zu sichern, sei Auftrag des Kantons. Im Aargau wurde laut den Interpellanten 2023 «eine relevante Summe» budgetierter Prämienverbilligungen nicht ausbezahlt: «Dies ist besorgniserregend. Das Netz der IPV, welches auch Haushalte des unteren Mittelstandes auffangen bzw. stützen sollte, scheint nicht zu halten.»

Zwar sei im Kanton Aargau das Anmeldeverfahren mittlerweile stark vereinfacht worden, «offenbar scheinen damit aber noch nicht alle relevanten Hürden für einen berechtigten IPV-Bezug aus dem Weg geräumt zu sein», schreiben die Grossrätinnen und Grossräte weiter. Für Diskussionen hätten insbesondere die Fristensetzung und der strikte Umgang damit gesorgt. Zusätzlich seien im letzten Jahr Verschärfungen im Bezugsrecht bei jungen Erwachsenen mit sehr tiefem Einkommen vorgenommen worden. Es sei jedoch wenig bekannt über die Gründe für einen Nichtbezug.

Frist besser am 31. März statt am 31. Dezember?

Die Grossratsmitglieder wollen unter anderem von der Regierung wissen, wie sich das Budget für Prämienverbilligungen sowie die Summe der nicht bezogenen, aber budgetierten Gelder seit 2010 entwickelt haben. Zudem fordern sie, dass der Kanton den 31. Dezember als einzige Frist überdenkt. In anderen Kantonen würde die Verbilligung erst ab dem Monat ausgezahlt, in welchem der Antrag gestellt wurde. Diese monatliche Regel wird der oft volatilen Situation von Menschen im Niedriglohnsektor besser gerecht, sind die Interpellanten überzeugt.

«Wäre es allenfalls sinnvoller, die Frist im laufenden Jahr auf den 31. März zu setzen, da dann die zu erwartenden finanziellen Verhältnisse für das laufende Jahr klarer sind als im Monat vor dem Start des Jahres?», lautet eine weitere Frage an den Regierungsrat. Dieser soll auch aufzeigen, wie gross der Anteil der bezugsberechtigten Personen ist, welche aufgrund von Überlastung oder allgemeiner Überforderung mit der Fristensetzung diese Leistung nicht beziehen kann.

SP-Politikerin fordert, dass Gelder automatisch ausbezahlt werden

Was die Verschärfungen bei jungen Erwachsenen betrifft, wollen die Grossratsmitglieder wissen, wie viele Personen von der neuen Regelung betroffen und wo die entsprechenden Handhabungen geregelt sind. Zuletzt wollen sie vom Regierungsrat erfahren, ob es weitere Gründe für einen Nichtbezug von Prämienverbilligungen gebe, ob er seiner Absicht entspreche oder ob die Regierung Handlungsbedarf sehe.

Das Thema Prämienverbilligung sorgt im Aargau immer wieder für Diskussionen.Vor kurzem äusserte sich Gewerkschafterin und SP-Politikerin Silvia Dell’Aquila zu nicht bezogenen Geldern.«Ich verstehe nicht, warum die Beträge für die Prämienverbilligung nicht automatisch an die Menschen ausbezahlt werden, die Anspruch darauf haben. Das System mit dem Code, der von der Sozialversicherung Aargau an die Berechtigten verschickt wird, ist aus meiner Sicht zu kompliziert», sagte sie der AZ. Wenn Menschen Anrecht auf Leistungen hätten, sollten sie diese auch wirklich erhalten.