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Aargauer Kirchenratspräsident kritisiert Moskauer Patriarchen – gibt es dennoch Verbindungen mit russischen Kirchgemeinden?

Christoph Weber-Berg, reformierter Kirchenratspräsident im Aargau, bezichtigt das Oberhaupt der Russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill, des Missbrauchs des christlichen Glaubens. Sowohl katholische als auch reformierte Kirchgemeinden unterstützen derweil Hilfsprojekte für die Ukraine.

Am Sonntag standen die Ostern der Orthodoxen Kirchen an. Insgesamt gibt es rund 50 orthodoxe Kirchgemeinden in der Schweiz. Im Aargau können aber speziell Russisch-Orthodoxe nicht in einer Kirche feiern. Eine orthodoxe Gemeinde gibt es zwar in Baden, die «Orthodoxe Gemeinde der Freien Rumäner», diese jedoch ist dem Patriarchat von Konstantinopel (Istanbul) unterstellt – und nicht dem russischen in Moskau. Die Aargauer Gläubigen müssen daher nach Zürich, Freiburg oder in den Kanton Waadt ausweichen.

Die diesjährigen Ostern wurden zudem vom Krieg in der Ukraine überschattet. Und dieser hat Spaltungspotenzial – auch zwischen religiösen Gemeinschaften. Papst Franziskus kritisierte das Oberhaupt der Russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill, welcher den russischen Angriff als Heiligen Krieg bezeichnete.

Christoph Weber-Berg, Kirchenratspräsident der Reformierten Kirche Aargau.
Bild: Sandra Ardizzone

Auch von reformierter Seite werden kritische Stimmen laut, so zum Beispiel vom Präsidenten der Reformierten Landeskirche Aargau Christoph Weber-Berg. Im Informationsmagazin der Reformierten Kirche Aargau warf er dem Moskauer Patriarchen Kyrill vor, den christlichen Glauben für die Rechtfertigung von kriegerischem Unrecht und Gewalt zu missbrauchen: «Der Moskauer Patriarch verharmlost nicht nur den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, er stilisiert ihn zu einer Art Heiligem Krieg. Wie nur kann es sein, dass der moralische, politische und spirituelle Kompass eines Menschen in kirchenleitender Position dermassen ausser Kontrolle gerät?»,

Die Beflaggung des Verwaltungsgebäudes der Römisch-Katholischen Landeskirche in Aarau weist auf die Verbundenheit mit der Ukraine hin.
Bild: Fabio Baranzini

Sowohl katholische als auch reformierte Kirchgemeinden unterhalten auch im Aargau Partnerschaften mit Kirchen im Ausland. Eine Partnerschaft mit einer Russisch-orthodoxen Kirche wäre wohl gegenwärtig einem veritablen Stresstest ausgesetzt.

Frank Worbs, Leiter Kommunikation der Reformierten Kirche Aargau.
Bild: Susi Bodmer

Doch gibt es überhaupt solche Partnerschaften zwischen Kirchgemeinden im Aargau und ukrainisch-orthodoxen sowie russisch-orthodoxen Kirchgemeinden? Frank Worbs, Leiter Kommunikation der Reformierten Landeskirche Aargau, sagt:

«Mit Kirchen in Russland und der Ukraine unterhalten die reformierten Kirchgemeinden im Aargau keine Partnerschaften.»

Dies gelte auch für die kantonale Ebene. «Im Normalfall bestehen, aufgrund der konfessionellen Nähe, vor allem Partnerschaften mit anderen reformierten Kirchgemeinden in Deutschland, aber auch in Ungarn, Tschechien oder im rumänischen Siebenbürgen», sagt Worbs weiter. Auch sind bei der Katholischen Kirche Aargau keine solchen Partnerschaften bekannt.

Dafür helfen sowohl katholische als auch reformierte Aargauer Kirchgemeinden bei der Finanzierung von Hilfsprojekten – im Falle der Reformierten Kirche werden diese über das Hilfswerk der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (Heks) aufgegleist. «Die Partnerschaften finden dann auf der lokalen Ebene statt», sagt Worbs. So zum Beispiel mit dem Verein Weltgruppe in der Reformierten Kirchgemeinde Möhlin, der Kontakt zu einem Kinderheim und einer Kirchgemeinde im Dorf Oschenyn im Nordwesten der Ukraine hat.

Verbindung läuft oft entlang der Konfession

Wieso es keine direkten Partnerschaften zwischen Schweizer Kirchgemeinden und russisch-orthodoxen sowie ukrainisch-orthodoxen Kirchgemeinden gibt, weiss Marina Dölker, Programmbeauftragte für kirchliche Zusammenarbeit in Osteuropa und Nahost beim Heks. Sie sagt: «In Russland bestehen derzeit keine Partnerschaften, da es dort keine reformierte Partnerkirche gibt. In der Ukraine besteht indes mit der Reformierten Kirche in Transkarpatien (Westukraine) eine Partnerschaft.»

Mahnwache gegen den Krieg in der Ukraine vor der reformierten Kirche in Widen vom Pastoralraum am Mutschellen.
Bild: zvg

Historisch gesehen gebe es schon immer eine sehr starke Bindung mit Osteuropa, da die Anfänge des Heks auf den Wiederaufbau in Europa nach Ende des Zweiten Weltkrieges zurückgingen. Zudem bestünden die Kirchenpartnerschaften im Normalfall zwischen Kirchen mit der gleichen Konfession.

Das Heks leistet zusammen mit Partnerkirchen in Osteuropa und der Ukraine in den angrenzenden Ländern und in der Ukraine selbst humanitäre Soforthilfe. Der reformierte Kirchenrat Aargau hat zudem 10’000 Franken Soforthilfe gespendet. In Kirchen verschiedener Konfessionen finden zudem regelmässig Friedensgottesdienste und -gebete statt.