Verschmähte Liebe, zerstochene Reifen – und ein Verdächtiger, der seine Whatsapp-Nachrichten löscht
In einer Nacht im Juli 2022 soll Kevin (alle Namen geändert) um 0.30 Uhr die rechten Hinterreifen eines Suzukis und eines Volvos aufgestochen haben. Die Autos standen auf dem Vorplatz zweier Häuser. In einem wohnte Ilona, eine Bekannte und ehemalige Arbeitskollegin von Kevin. Sie nannte ihn im Zuge der polizeilichen Ermittlungen als möglichen Täter.
Die Staatsanwaltschaft wollte dem Verdacht auf den Grund gehen. Auf ihre Verfügung vom 19. Oktober sollte die Kantonspolizei ein DNA-Profil von Kevin anfertigen. Dieses sollte mit den Spuren am Tatort verglichen werden.
Am 19. Oktober musste sich Kevin – noch bevor er selbst die Verfügung erhalten hatte – einem DNA-Test unterziehen. Dies tat er gemäss eigener Aussage im Glauben, dass er nur der Sachbeschädigung verdächtigt werde. Als er erfuhr, dass auch wegen möglichen Hausfriedensbruchs gegen ihn ermittelt wird, legte er gegen die Verfügung vor dem Aargauer Obergericht Beschwerde ein.
Gescheiterte Annäherungsversuche
Der Grund für den Verdacht des Hausfriedensbruchs ist ebenfalls in Ilonas Zeugenaussagen zu finden. Demnach habe Kevin immer wieder ihre Nähe gesucht, weil er sich wohl mehr als nur eine Freundschaft mit ihr erhoffte. Dass sie ihn wiederholt abwies, habe er nicht akzeptieren können. Auch vor der mutmasslichen Tatnacht, so Ilona weiter, habe Kevin angekündigt, sie besuchen zu wollen.
Vorliegende Whatsapp-Chats stützen diese Aussage. Obwohl Kevin nämlich die meisten seiner Nachrichten von drei Julitagen gelöscht hat, kann aus Ilonas Antworten («bi ned i de schwiz», «ich bin i de ferie») geschlossen werden, dass er wahrscheinlich einen Besuch angekündigt hatte. Für die Staatsanwaltschaft steht somit nebst dem mutmasslichen Zerstechen der Autoreifen auch der mögliche Tatbestand des Hausfriedensbruchs im Raum.
Wenn jemand «gegen den Willen des Berechtigten» in «einen unmittelbar zu einem Hause gehörenden umfriedeten Platz, Hof oder Garten oder in einen Werkplatz unrechtmässig eindringt», handelt es sich gemäss Strafgesetzbuch um Hausfriedensbruch. Ob Kevins Anwesenheit auf dem Hausvorplatz – falls sie bewiesen wird – in diese Kategorie fällt, lässt das Obergericht aber offen.
Obergericht folgt der Begründung der Staatsanwaltschaft
In seiner Urteilsbegründung kommt das Obergericht zum Schluss, dass es keine «milderen Massnahmen» gegeben habe, um Kevins Schuld bzw. Unschuld im Fall der zerstochenen Reifen zu beweisen, als besagtes DNA-Profil anfertigen zu lassen. Dass Kevin zum Zeitpunkt des DNA-Tests nichts vom Verdacht des mehrfachen Hausfriedensbruchs gewusst haben will, sei hinsichtlich der Beurteilung der Beschwerde irrelevant. Die Verfügung zur Anfertigung eines DNA-Profils sei durch den hinreichenden Tatverdacht der Sachbeschädigung gerechtfertigt gewesen und erfülle somit die gesetzlichen Voraussetzungen.
Insgesamt folgt das Obergericht damit der Argumentation der Staatsanwaltschaft und wies die Beschwerde ab. Die Gerichtskosten von insgesamt 846 Franken werden Kevin als Beschwerdeführer auferlegt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, es gilt die Unschuldsvermutung.