Auf allen Pausenplätzen: Aargauer SVP-Grossrätinnen fordern Deutschbefehl – wie in Reinach-Leimbach
An Aargauer Schulen ist über ein Drittel der Kinder fremdsprachig, das hat vor wenigen Wochen eine viel beachtete Untersuchung der AZ ergeben. Die Verteilung ist dabei unterschiedlich: Waren im letzten Schuljahr in Spreitenbach 984 von 1154 Kindern fremdsprachig (85 Prozent), gab es in ländlichen Gemeinden teilweise gar keine.
Neu ist diese Entwicklung nicht. Laut Lehrerverbandspräsidentin Kathrin Scholl steigt die Anzahl Kinder, deren erste Sprache nicht Deutsch ist, an den Aargauer Schulen seit Jahren an. Diese könnten damit umgehen, sagte sie – tatsächlich greifen sie ab und zu auch zu speziellen Lösungen. So hat im vergangenen November die Schule Reinach-Leimbach einen Deutschbefehl auf dem Pausenplatz erlassen.
Seither darf auf dem gesamten Schulareal offiziell nur noch Hochdeutsch oder Mundart gesprochen werden. Die Sprache war an der Schule schon lange ein Thema, Auslöser für die neue Regelung war schliesslich, dass ein Schweizer Kindergärtler von seinem albanischen Gspändli die Sprache lernte, statt dass dieser sein Deutsch verbesserte.
Gruppenbildung, Ausgrenzung
Eine hohe Quote an fremdsprachigen Kindern in Klassen könne zu Gruppenbildungen und damit zu Ausgrenzungen führen, sagte nach der Veröffentlichung der AZ-Untersuchung SVP-Grossrätin und Bildungspolitikerin Tonja Burri. Darauf könne die Politik aber nur beschränkt einwirken.
Einen möglichen Hebel hat sie nun gefunden: Zusammen mit Maya Meier und Miro Barp (beide ebenfalls SVP) reicht sie an der nächsten Grossratssitzung einen Vorstoss ein, der quasi eine Deutschpflicht auf den Aargauer Pausenplätzen verlangt. «Der Regierungsrat wird eingeladen, die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass auf den Aargauer Pausenplätzen der Volksschule Deutsch gesprochen wird», schreiben die Motionärinnen.
Die Sprache werde als Tor erfolgreicher Integration bezeichnet, führen sie aus. Dass teilweise die Deutsch sprechenden Kinder an ihrer Schule gar in der Unterzahl seien, führe dazu, dass auf einigen Pausenplätzen kaum mehr die Landessprache gesprochen werde. «Integration sieht anders aus», resümieren Burri, Meier und Barp.
Integration besser ermöglichen
Um diese den fremdsprachigen Kindern besser zu ermöglichen, soll auf den Aargauer Pausenplätzen also die Pflicht gelten, Deutsch zu sprechen. «Gerade in jungen Jahren lernen die Schülerinnen und Schüler schnell und insbesondere voneinander», begründen sie diese Forderung. Unerwünschte Subkulturen, wie sie Tonja Burri befürchtet, würden so dezimiert, eine Ausgrenzung durch Sprache unterbunden. «Und die Lehrpersonen verstehen, was gesagt wird, und können wo nötig eingreifen», heisst es im Vorstoss weiter.
Alle anderen Sprachen will dieser indes gar nicht verbannen. «Des Weiteren zugelassen werden sollen die an dieser Schule unterrichteten Sprachen», schreiben die Motionäre. Etwa Französisch, Englisch oder Italienisch dürften also auf dem Pausenplatz weiterhin gesprochen werden. «Die Kinder können Gelerntes gleich umsetzen, lernen spielerisch und absolut praxisbezogen.» Würden die Schülerinnen und Schüler in der Pause derart ihre Fremdsprachen üben, «kann so zudem das Interesse am Spracherwerb gesteigert werden».
Pilotprojekte für die Frühförderung
In der Kantonspolitik war eine Deutschpflicht in Zusammenhang mit der Volksschule bisher kein Thema. Mitte, FDP und auch SP forderten in den letzten Jahren mehrmals Verbesserungen bei der Frühförderung ausländischer Kinder. Sie sollen die Sprache bereits vor Eintritt in den Kindergarten lernen.
Diese Umsetzung läuft bereits, bis 2024 werden derzeit Pilotprojekte in der frühen Sprachförderung durchgeführt und Erkenntnisse gesammelt. Neun Projektgemeinden machen mit. Aktuell besuchen laut Kanton über drei Viertel der Kinder, die es nötig haben, eine solche Deutschförderung. Um zu den möglichen Erkenntnissen Stellung zu beziehen, sei es aktuell aber noch zu früh.