«Ich habe ein Diplom!»: Die Freudentränen der Berenice Wicki im Halfpipe-Final
Ungläubig schaut Berenice Wicki umher. Die Augen bewegen sich von links nach rechts, hoch und runter. So als müssten sie sich erst vergewissern, ob das alles real ist. Es ist ein beseelter Eindruck, den Wicki hinterlässt, weil gleichzeitig ihr Mund zu einem anhaltenden Lächeln eingefroren scheint. Die 19-Jährige steht am Fusse der vereisten Röhre, die nach oben offen ist und zu akrobatischen Sprüngen einlädt. Dort hat sie soeben Erstaunliches vollbracht.
Am Donnerstagmittag chinesischer Zeit ist Wicki Siebte geworden im Halfpipe-Final der Snowboarderinnen. Bei der allerersten Olympia-Teilnahme gewinnt sie ein Olympisches Diplom – das Zweitschönste, das es für Sportlerinnen und Sportler nach einer Medaille zu ergattern gibt. Es ist ein Exploit, den der jungen Frau aus dem aargauischen Ennetbaden wohl kaum jemand zugetraut hat. Am wenigsten sie selbst: «Im Moment verbinde ich ein Olympisches Diplom noch nicht wirklich mit mir», sagte sie nach dem Wettkampf im Interview mit dem Schweizer Radio und Fernsehen.
Ihr Glück über das Unerwartete hatten die TV-Kameras schon kurz zuvor eingefangen. Wicki ist zu sehen, wie sie ihr Handy vor das Gesicht hält und per Videoanruf mit ihren Eltern spricht. «Ich habe ein Diplom», sagt sie zweimal mit einer Stimme, die sogleich vor Freudentränen erstickt.
Im Halfpipe-Final legte Wicki gleich im ersten Lauf von dreien gehörig vor. Mit einer durch und durch sauberen Ausführung flog sie zu 76,25 Punkten, die für den vierten Zwischenrang berechtigten. Die Läufe zwei und drei waren nicht mehr gleich stark, im letzten Run stürzte Wicki gar, als sie mit dem Backside 900 einen neuen Trick ausprobierte. Doch dies blieb letztlich eine Randnotiz. Wicki sagt: «Ich habe mich vor dem ersten Lauf einfach zusammengerissen, und es ist mega gut herausgekommen.»
Der Final war schon der «Bonus vom Bonus»
Das klingt ziemlich simpel, und vielleicht ist es gar jene Unbekümmertheit, die Wickis Erfolg erst so richtig ermöglichte. Die Qualifikation für die Olympischen Winterspiele war für sie schon Belohnung genug, denn ihre jüngsten Resultate im Weltcup deuteten nicht darauf hin, dass sie in Peking mit den besten zwölf Snowboarderinnen der Welt konkurrieren würde. Verrückt machen liess sich Wicki nie.
So kam allein der Halbfinal-Wettkampf einem «Bonus» gleich, wie sie sagte. Der Final war entsprechend der «Bonus vom Bonus». Für die Beschreibung des Diploms gingen ihr indes die Superlative aus. Denn Wicki war vor allem eines: sprachlos. Und überglücklich sowieso.