Dreier, Bertschi und Giezendanner geben elektrisch Gas – über 60 E-Lastwagen allein dieses Jahr
Um das Ziel Netto-Null bis 2050 zu erreichen, erarbeiten Unternehmen einen Plan mit den nötigen Schritten. Dieser «Fahrplan» des Suhrer Transportunternehmens Dreier wurde nun vom Bundesamt für Energie bewilligt, wie die Firma mitteilt. Dreier will den CO2-Ausstoss bis 2030 um 23 Prozent, bis 2040 um 57 Prozent und bis 2050 um 100 Prozent senken, dies in drei Bereichen (sogenannte Scopes).
Diese Scopes sind international definiert. Scope 1 betrifft direkte Treibhausgasemissionen, zum Beispiel beim Verbrauch von Heizöl oder fossilen Treibstoffen – für ein Transportunternehmen zentral. Scope 2 betrifft den Verbrauch der Energie, die ausserhalb des Betriebs erzeugt wurde; Strom für die Elektrofahrzeuge zum Beispiel. Scope 3 betrifft indirekte Emissionen, etwa beim Bezug von Waren und Dienstleistungen, bei der Müllentsorgung, bei Wasser und Abwasser, bei Geschäftsreisen oder beim Arbeitsweg des Personals.
«Eine der ganz grossen und dringenden Herausforderungen der Transportbranche ist die Dekarbonisierung», sagte Geschäftsführer Hans-Peter Dreier vor einem Jahr. Sein Unternehmen bekenne sich zur Elektrifizierung im Strassentransport und investiere stark darin. Mit dem vorliegenden Fahrplan nimmt Dreier laut Mitteilung eine Vorreiterrolle ein. Angelehnt an die Pläne der Firma, stelle der Nutzfahrzeugverband Astag nun standardisierte Richtlinien für die ganze Branche zusammen.
Dreier bald mit 75 E-Lastwagen unterwegs
Die Nachhaltigkeitsziele erreichen will Dreier hauptsächlich über den Einsatz von mehr Elektrolastwagen. 25 sind es heute, bis Mitte 2026sollen weitere 50 dazukommen. Diese neuen E-LKW haben eine Reichweite von 500 Kilometern. Sie fahren weiter als die bisherigen Dieselfahrzeuge, aber es fehlen Ladestationen. In Egerkingen SO baut Dreier deshalb eine eigene Elektrotankstelle. Am neuen Standort Oberentfelden kann die Firma auf bereits existierende Trafos der früheren Gebäudebesitzerin GE zählen.
Als Übergangslösung soll der Biokraftstoff HVO100 vermehrt zum Einsatz kommen. Dreier spricht von einem «Dreiklang» aus Strom, HVO und Diesel. 300 LKW und 28 Doppeldecker bilden den Fuhrpark der Firma. 700 Menschen arbeiten in verschiedenen Dreier-Standorten in Europa und Marokko. Dreier will, dass das Personal lernt, ressourcenschonend zu fahren. Eine eigene Fahrlehrperson wurde dafür engagiert.
Bertschi: Biotreibstoff, erste E-Trucks und Eco-Fahrverhalten
Auf HVO-Biotreibstoff setzt auch das Transportunternehmen Bertschi aus Dürrenäsch. Im Herbst 2023 hatte der Logistiker ein entsprechendes Pilotprojekt angekündigt. Den grössten Teil der Landtransporte in Europa wickelt Bertschi ohnehin auf der Schiene ab. Container auf die Bahn verladen und per Tunnel durch die Alpen transportieren, war denn auch eine Erfindung von Firmengründer Hans Bertschi.
Auf Anfrage gibt das Unternehmen weitere Massnahmen bekannt: Nebst der Flotte mit HVO-Antrieb werde in erste E-LKW-Prototypen investiert, «hauptsächlich für die erste und letzte Meile» zwischen Schiene und Endziel. Und auch bei Bertschi erhält das Personal eine intensive Schulung in «Eco-Fahrtechniken».
Bertschi ist mit über 1000 Lastwagen der mit Abstand grösste Aargauer Logistiker für die chemische Industrie. 3200 Personen arbeiten für die heutige Weltfirma, 700 davon im Aargau. «Ökologische und ökonomische Ziele sind für uns gleichwertig», sagte Hans-Jörg Bertschi2022 bei der Einweihung einer Solaranlage im Birrfeld.
Durch umweltfreundliches Verhalten will Bertschi auch eine Reduktion der Scope-3-Emissionen bei ihren Kunden ermöglichen: Nebst dem Einsatz der E-Trucks zum Beispiel die Möglichkeit, nachhaltig Chemikalien zu transportieren und zu lagern. «Diese Produkte spielen eine Schlüsselrolle bei der Dekarbonisierung der Industrie», hält die Firma fest.
Giezendanner: 25 neue E-Lastwagen bis 2026
Über 200 Lastwagen hat das Rothrister Familienunternehmen Giezendanner Transport, es beschäftigt rund 280 Mitarbeitende. Auf dem Dach der Lagerhallen des Betriebs in Rothrist ist seit 2021 eine Photovoltaik-Anlage installiert. Die Umrüstung auf Elektrofahrzeuge sei in vollem Gange, sagt Geschäftsführer und SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner. Dieses Jahr kommen zehn neue E-Fahrzeuge hinzu, Anfang 2026 weitere fünfzehn.
HVO ist bei Giezendanners Flotte in Italien ein grosses Thema. In der Schweiz aber setze die Firma auf Elektrofahrzeuge. In den wärmeren Monaten von März bis Oktober habe man bisher, je nach Fahrzeugtyp, eine Beimischquote von Biodiesel von bis zu 40 Prozent angewandt.
Im Bereich Gefahrgut seien Elektrofahrzeuge noch nicht verfügbar, weshalb das Potenzial hier begrenzt sei. Benjamin Giezendanner bekräftigt, dass das Unternehmen seit Jahrzehnten auf eine konsequente Umlagerung auf die Bahn setze. Ein Erbe seines Vaters Ulrich, der diesen kombinierten Verkehr einführte.
«Wir hoffen, dass eine Vielzahl der Unternehmen auf lange Strecken die Bahn benutzt und nicht opportunistisch die Verkehre in der Schweiz grün färbt», sagt Benjamin Giezendanner. Das Unternehmen wolle die Umrüstung auf E-LKW nicht gross anpreisen. Einerseits fördere der Bund diese durch den Verzicht auf die Schwerverkehrsabgabe LSVA. Andererseits seien es auch die Auftraggeber, die diese Änderungen durch ihre Scope-3-Regulierungen fördern und fordern.