
Der Experte und der Regierungsrat sind sich einig: «Kein Kanton hat eine so grosse Weinvielfalt wie wir»
Das Klima ändert sich, die Temperaturen steigen, die Sommer sind mal sehr feucht, mal trocken. Das bringt Vor- und Nachteile, man muss sich anpassen. Wer in der Landwirtschaft tätig ist, weiss das nur zu gut.
«Wir arbeiten mit der Natur», erklärtder Ennetbadener Winzer Dominique Wetzel. Jedes Wetterjahr habe seine Eigenheiten, man versuche, das Beste herauszuholen. Früher, da sei man als Rebbauer froh gewesen, wenn die Trauben genügend Zuckergehalt hatten. Heute, mit den wärmeren Temperaturen, erreiche man diesen schnell. «Aber die Aromen sind dann noch nicht ausgereift.» Die Kunst liege daran, den idealen Zeitpunkt zu finden für die Ernte.
2024 war wegen des vielen Regens eines der anspruchsvollsten Jahre, sagt Wetzel. Er vertritt einen der rund 30 Weinbaubetriebe an der diesjährigen Aargauer Wein- und Genussmesse im Campussaal Brugg-Windisch. Zu probieren gibt es Weine aus allen sieben Weinbauregionen des Kantons, dazu Spezialitäten aus der Landwirtschaft.

Bild: Alex Spichale
«Kein Kanton hat eine so grosse Vielfalt wie wir», hob Weinakademiker Markus Fuchs an der Messe hervor. Die Lage am Jurasüdfuss, dazu die vielen Gewässer, die das Klima ausgleichen, seien ideal. 2024 seien die Trauben generell gut ausgereift, die Ertragsmenge aber um etwa 30 Prozent niedriger gewesen als im Durchschnitt. Es war also weitaus weniger schlimm als 2021, als die Erträge um 70 Prozent einbrachen.
Wichtiger als die Menge ist aber die Qualität, und da sei der Aargau gut und fortschrittlich unterwegs: «Der Kanton ist führend bei den pilzresistenten Traubensorten», erklärt Markus Fuchs. «Heute sind wir in der Lage, bei schwierigen Wetterbedingungen gute Weine herzustellen.» Dies dank jungen, top ausgebildeten Weinbauern – und vielen Weinbauerinnen, wie er sagte.

Bild: Alex Spichale
Weine mit den Namen der Kinder und Enkel
Die Weine von 2024 sind aber noch nicht abgefüllt. Vorgestellt werden an der Messe die Weine von 2023 und vorher, darunter den doppelt prämierten – und letztes Jahr von Regierungsrat Markus Dieth hoch gelobten – Pinot Noir Barrique der Familie Büchli aus Effingen.
Von den rund 2000 Flaschen des preisgekrönten 2022er-Jahrgangs sind zwar keine mehr übrig geblieben, erklärte Peter Büchli am Freitagabend an der Messe. Doch auch der 2023er-Jahrgang kommt mit schönen Röstaromen aus dem Holzfass daher. Diese Pinot-Noir-Spätlese von Büchli ist einer der vier aktuellen Aargauer Staatsweine.

Bild: Alex Spichale
Nebst Effingen sind auch andere Fricktaler Ortschaften an der Messe zahlreich vertreten. Die Familie Pfister aus Bözen zum Beispiel nahm eine alte Tradition der Mischung von weissen und roten Trauben hervor und bietet als eine der wenigen einen sogenannten Schillerwein.
Eine schöne Geschichte ist diejenige der Familie Fürst aus Hornussen, die ihre Weine nach ihren vier Kindern und neu auch dem ersten Grosskind nennt. Fürst setzt zudem auf resistente Traubensorten wie Johanniter, wagt auch einen Malbec und bald einen Cabernet Franc. Dies dank des Klimawandels: «Ich hätte mir das vor 25 Jahren nicht getraut», sagt Daniel Fürst.

Bild: Alex Spichale
Messe noch bis Samstagabend
An der Messe gibt es auch regionale Landwirtschaftsprodukte wie den Aargauer Schafskäse der Käserei Berglinde Buttwil, Gewinner des Swiss Cheese Awards 2024. Dazu gibt es im Aargau in Handarbeit hergestellte Schokolade: Der Suhrer Chocolatier Reto Straub von Meinpraliné.ch stellt in Herznach personalisierte Pralinés her, oft mit einer Branntweinnote: An der Messe hat er als Beispiele Pralinés mit den Aargauer Weinen Fürst, Goldwand und Mostis zum Probieren da.

Bild: Alex Spichale
Selbst Bilder aus Weinkorken gibt es an der Messe zu sehen, erstellt von Künstlerin Therese Lanter aus Obermumpf. An der Eröffnung am Freitag sagte Markus Dieth entsprechend: «Probieren Sie, geniessen Sie – und staunen.» Die Messe läuft bis Samstagabend.

Bild: Alex Spichale