Bundesverwaltungsgericht entscheidet: Radio- und TV-Gebühren für Firmen sind verfassungswidrig
Nicht nur jeder Haushalt muss Gebühren bezahlen, sondern auch alle Firmen, die jährlich mehr als 500’000 Franken Umsatz machen, müssen Gebühren für Radio und Fernsehen einen Beitrag abliefern. Doch jetzt urteilt das Bundesverfassungsgericht in St.Gallen: Die heutige Praxis ist verfassungswidrig. Die Richter beanstanden dabei aber nicht die Abgabepflicht generell. Das Problem liegt in der Ausgestaltung des Tarif.
Diese sei degressiv. Das heisst: Kleinere Unternehmen würden im Verhältnis mehr Gebühren bezahlen als grosse Firmen. Grundsätzlich, so die Richterinnen und Richter, müsste der Tarif progressiv ausgestaltet werden.
Bevor jetzt in den Finanzabteilungen vieler Firmen die Korken knallen: Vorläufig ändert sich an der gängigen Praxis nichts. «Aus Gründen der Rechtssicherheit bleibt der aktuelle Tarif jedoch bis zur nächsten Verordnungsänderung anwendbar», schreibt das Gericht in einer Mitteilung. Also werden alle Unternehmen weiterhin nach den geltenden Regeln zur Kasse gebeten.
Bald sollen weniger Unternehmen bezahlen
Der Bundesrat hat angekündigt,die Tarife alle zwei Jahre zu überprüfen. Auch darum sei hier die Verhältnismässigkeit nicht gegeben, die angefochtenen Verfügungen einfach aufzuheben. Das Bundesverwaltungsgericht legt dem Bundesrat aber «nahe, bei der nächsten Überprüfung eine progressive oder teilweise lineare Ausgestaltung der Unternehmensabgabe in Betracht zu ziehen.»
Erst in der vergangenen Woche hatte Medienminister Albert Rösti seine Pläne mit den Serafe-Gebühren verkündet. Als Reaktion auf die Halbierungsinitiative sollen die Gebühren schrittweise von 335 auf 300 Franken pro Haushalt sinken. Gleichzeitig sollen deutlich mehr Firmen als heute von der Abgabe befreit werden. Erst ab einem Jahresumsatz von 1,2 Millionen Franken muss sie bezahlt werden.
Abgabegruppen wurden auch gerügt
Als sowohl gesetzes- und verfassungswidrig beurteilen die Richter eine anderen Punkt bei den Radio- und Fernsehgebühren. Dabei geht es um die Bildung von Abgabegruppen. Heute können sich Unternehmen unter einheitlicher Leitung zu solchen zusammenschliessen. Sie werden dann gemeinsam veranlagt.
Dabei stellt das Gericht fest, dass die gesetzliche Grundlage «ungenügend» sei. Auch erscheine die Mindestzahl von 30 Unternehmen «als eine willkürlich festgelegte Untergrenze, die nur einigen wenigen Unternehmen zu Gute kommt», wie das Gericht schreibt. (mg)