«Quarantäne light»: Epidemiologe Salathé schlägt Selbsttests vor
Weil mit den stark steigenden Infektionszahlen immer mehr Personen in Quarantäne oder Isolation müssen, drohen der Wirtschaft die Arbeitskräfte auszugehen. Und dem öffentlichen Leben droht in der fünften Coronawelle der Stillstand. Um diesen abzuwenden, forderte Economiesuisse letzte Woche eine Verkürzung der Quarantäne von 7 auf 5 Tage. Eben erst hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) es den Kantonen zugestanden, diese von 10 auf 7 Tage zu verkürzen, was zahlreiche Kantone bereits über die Festtage beschlossen haben.
Nun machen Politikerinnen und Epidemiologen in der Sonntagspresse weitere Vorschläge, wie der drohende Stillstand des öffentlichen Lebens abgewendet werden könnte. Marcel Salathé beispielsweise wird in der «SonntagsZeitung» zitiert: Man müsste «jedem, der Kontakt mit einem Infizierten hatte, umgehend zehn Schnelltests zukommen lassen». Die Person sollte sich dann täglich testen. Solange diese Tests negativ sind, könne man «mit vorsichtigem Verhalten» auch wieder seiner Arbeit nachgehen.
Auch Guido Graf will Quarantäne nun abschaffen
Der Forscher an der EPFL in Lausanne räumt zwar ein, dass es dabei ein gewisses Restrisiko gebe. Angesichts der drohenden Ausfälle von Arbeitskräfte sei dies aber verantwortbar, sagt Epidemiologe Salathé. Etwas vorsichtiger zum Vorschlag äussert sich Huldrych Günthard. Der Professor für Infektiologie am Universitätsspital Zürich erachtet den Zeitpunkt für Lockerungen als verfrüht. «In zwei, drei Wochen können wir über eine Aufhebung der Quarantäne diskutieren», zitiert die «SonntagsZeitung» Huldrych Günthard.
Aus den Kantonen steigt derweil der Druck für eine Abschaffung der Quarantäne. Noch am Samstag sagte Guido Graf (Mitte) in der «Schweiz am Wochenende», er sei nicht für die Aufhebung der Quarantäne, wolle aber eine Diskussion dazu anregen. Tags darauf lässt sich der Luzerner Gesundheitsdirektor in der «SonntagsZeitung» bereits zitieren mit den Worten: «Eine Quarantäne von fünf Tagen ist einfach nicht umsetzbar.» Entsprechend unterstütze er den Vorschlag des Epidemiologen Salathés.
Zürich und Ostschweiz: Fünf Tage für alle
Gar noch einen Schritt weiter geht die Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli in der «NZZ am Sonntag». Die SVP-Magistratin fordert Bundesbern auf, «jetzt dringend die Dauer der Quarantäne und Isolation auf fünf Tage zu reduzieren». Zusammen mit den Ostschweizer Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren habe sie dem Bundesrat am Freitag einen entsprechenden Brief geschrieben, sagt Rickli in dem Interview. «Sonst sitzen wir bald alle in einer Art Lockdown.»
Natalie Rickli begründet die Forderung Zürichs und der Ostschweizer Kantone damit, dass fünf Tage «eine einfache und nachvollziehbare Regelung» sei. Zudem würden Studien zeigen, dass Omikron eine kürzere Inkubationszeit habe als frühere Varianten des Coronavirus. Es komme nun eine «Monsterwelle» auf die Schweiz zu. Die Zürcher Regierungsrätin erwartet, dass diese «heftig, aber kurz» sein werde. «Dann dürfte das Virus endemisch werden, wie eine Grippe.» So schätzten es die Fachleute in ihrem Gesundheitsdepartement ein. Zuletzt hatten diese These auch mehrere andere Wissenschafterinnen und Experten vertreten.