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«Abschaum», «notwendige Selbstreinigung»: Putin wütet gegen Oligarchen und Westen

Drei Wochen nach Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine hat Präsident Wladimir Putin schwere Vorwürfe gegen den Westen erhoben.

In einer am Mittwoch ausgestrahlten fast 40-minütigen Rede ging der russische Präsident Wladimir Putin rhetorisch weiter als jemals zuvor. Er sprach darüber, dass die Ukrainer das Blutvergiessen forcieren würden, dass die westlichen Sanktionen für den Westen verheerend seien und darüber, wie er Landesverräter wie eine verschluckte Fliege ausspuckte.

In den ersten Minuten der Rede rechtfertigt Putin die «militärische Spezialoperation» – wie der eigene Angriffskrieg von den russischen Behörden genannt wird – erneut und betont, dass der Westen die Ukraine in ein Blutvergiessen dränge, indem er die Ukraine fortlaufend mit Waffen, Geheimdienstinformationen und Söldnern versorgen würden. Zudem beschuldigt er das Pentagon, militärische biologische Programme in der Ukraine durchgeführt zu haben – und Experimente mit Coronaviren, Milzbrand oder «anderen tödlichen Krankheiten» durchgeführt zu haben. Beweise dafür gibt es nicht.

Im Weiteren wiederholt der russische Präsident seinen Vorwurf, dass westlichen Staaten den Genozid an der russischen Bevölkerung im Donbass – wie er Putins Auffassung nach stattgefunden habe – jahrelang nicht anerkannt habe: «Der Westen hat während der vergangenen acht Jahren heuchlerisch weggesehen, als Mütter ihre Kinder im Donbass begruben und ältere Menschen getötet wurden.»

Putin über Sanktionen

Putin spricht minutenlang über Sanktionen. Dabei unterstellt er den westlichen Staaten, dass diese zum Ziel hätten, auch die Familien und die russische Kultur zu treffen. Ein Auszug aus der Transkription des Kreml und von Jul Ia: «Ihr Ziel ist es, unserer gesamten Wirtschaft, unserem sozialen und kulturellen Umfeld, jeder Familie und jedem russischen Bürger einen Schlag zu versetzen.»

Putin behauptet weiter, dass die Sanktionen aber auch ein Bumerang wären, den die Menschen im Westen viel mehr schmerzten als Russland: «Diese Sanktionen sind in Europa und in den Vereinigten Staaten nach hinten losgegangen, wo die Preise für Benzin, Energie und Lebensmittel in die Höhe geschossen sind und Arbeitsplätze in den mit dem russischen Markt verbundenen Branchen abgebaut wurden. (…) Der ganze Planet zahlt jetzt für die Ambitionen des Westens und seine Versuche, seine schwer fassbare Vorherrschaft mit allen Mitteln zu erhalten.»

Putin über die «Selbstreinigung der Gesellschaft»

Zum Schluss holt der Präsident Russland zum Rundumschlag gegen die Oligarchen aus, die seiner Meinung nach vom westlichen Gedankengut geblendet wären. Es scheint fast, als suchte er nach einem Schuldigen, damit die Russen ihn nicht für die schwierige wirtschaftliche Lage verantwortlich machen. Die Sündenböcke des Kremls: «Fifth Column», «Landesverräter» und «Abschaum».

Die fünfte Kolonne

Als «Fifth Column» wird eine geheime Gruppe oder Fraktion subversiver Agenten bezeichnet, die mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln versuchen, die Solidarität einer Nation zu untergraben. Als Technik der «Fifth Column» gilt die Infiltration von politischen Positionen, um von da aus Ängste in der Bevölkerung zu schüren oder Gerüchte und Fehlinformationen zu verbreiten.

Putins Wortwahl («notwendige Selbstreinigung der Gesellschaft») erinnert an die Zeit der «Säuberungen» unter Stalin, bei denen Millionen von Oppositionellen und «missbeliebige Personen» umgebracht wurde. Der letzte Teil der Rede in der Transkription von Michael Elgort:

«Ja, natürlich wird der Westen auf die sogenannte «Fifth Column» setzen, auf Landesverräter. Auf diejenigen, die ihr Geld in Russland verdienen, aber im Westen leben. Und sie leben nicht einmal im geografischen Sinne im Westen, sondern bezüglich ihrer Gedanken, ihrem sklavischen Bewusstsein.

Ich verurteile keineswegs diejenigen, die eine Villa in Miami oder an der französischen Riviera haben. Die auf Gänseleberpastete, Austern oder die sogenannten Gender-Freiheiten nicht verzichten können.

Aber darum geht es hier nicht, sondern darum, dass viele dieser Menschen von Natur aus geistig genau dort verortet sind und nicht hier, nicht bei unserem Volk, nicht in Russland. Das ist ihrer Meinung nach (…) ein Zeichen der Zugehörigkeit zu einer höheren Kaste, zu einer höheren Rasse. Solche Leute sind bereit, ihre eigene Mutter zu verkaufen, solange sie nur in den Hallen dieser allerhöchsten Kaste wandeln dürfen. Sie wollen so sein wie sie und sie auf jede erdenkliche Weise imitieren. Doch sie vergessen oder verstehen überhaupt nicht, dass sie, wenn sie von dieser sogenannten höheren Kaste benutzt werden, um unserem Volk maximalen Schaden zuzufügen.

Der kollektive Westen versucht, unsere Gesellschaft zu spalten, spekuliert auf die Kampfverluste, auf die sozioökonomischen Folgen der Sanktionen, provoziert eine zivile Konfrontation in Russland und nutzt seine «Fifth Column», um sein Ziel zu erreichen. Und sie haben nur ein Ziel, (…): die Zerstörung Russlands.

Aber jedes Volk, und erst recht das russische Volk, wird in der Lage sein, wahre Patrioten von Abschaum und Verrätern zu unterscheiden. Und sie einfach auszuspucken, wie eine Mücke, die versehentlich in den Mund geflogen ist. Ich bin überzeugt, dass eine solche natürliche und notwendige Selbstreinigung der Gesellschaft unser Land, unsere Solidarität, unseren Zusammenhalt und unsere Bereitschaft, auf alle Herausforderungen zu reagieren, nur stärken wird.»